Moorburger Kraftwerke

Elektrizitätswerk von 1911 (55 PS Dampfmaschine)

Das erste Elektrizitätswerk in Moorburg wurde 1911 in der Mitte der Gemeinde errichtet. Der Vorstandssprecher der HEW, Dr.-Ing. Rudolf Meister, ging bei seiner Rede zur Einweihung des Gaskraftwerks (1974) u.a. auf dieses erste Kraftwerk ein:

"Heute endlich, nach langer mühevoller Arbeit, nach manchem Kampf gegen Missgunst und Meinungsverschiedenheit haben wir die freudige Genugtuung, den Bau eines Kraftwerkes so weit gefördert zu sehen, dass der Betrieb aufgenommen werden kann."
Das, was ich soeben ausgeführt habe, stammt nicht von mir, sondern in etwa von dem Protokollführer der Gemeinde Moorburg, Herrn Winkler, und ist datiert vom 4. März 1911. Es mag überraschen, dass sich die Gemeinde Moorburg bereits 1906 eine Beleuchtungsanlage wünschte, dass damals wie heute Gas und elektrischer Strom in Konkurrenz standen und die Elektrizität endlich den Sieg davontrug. Gerechterweise muss ich aber klarstellen, dass seinerzeit die Anlage des Gaswerkes wegen der tiefen Bodenlage unserer Landschaft - so hieß es - auf fast unüberwindliche Schwierigkeiten gestoßen wäre. [...]
Die Moorburger seinerzeit waren wirklich fortschrittliche Leute. Sie machten für ihr Elektrizitätswerk bereits "public relations", sie erarbeiteten Absatzpläne und stellten Rentabilitätsrechnungen an, die mit einem Überschuss von 16 Mark abschlossen. Auch mit einem Einspruch oder Protest gegen den Bau mussten sie sich auseinandersetzen, der aber die -Verantwortlichen, wie sollte es anders sein, etwas frustrierte. Die Hamburger Sparcasse von 1827 stellte 100 000 Mark zu 4% zur Verfügung. Für den Grund und Boden, auch hier am Moorburger Elbdeich gelegen, musste die Gemeinde 5 Mark pro m2 bezahlen. Auch von einem Tiefbrunnen für 763,10 Mark ist die Rede, was darauf schließen lässt, dass schon damals das Elbwasser für Dampfkessel nicht mehr geeignet gewesen sein musste.
Die Gemeinde Moorburg habe jedenfalls mit ihrem Werk - so steht es zu lesen - ein stolzes Wahrzeichen geschaffen, das Zeugnis davon ablegt, wie sie ihre zeitgemäßen Kulturaufgaben erfasst und trotz manchen Widerstandes mit Tatkraft zu lösen versteht.[...]1

1924 verkaufte die Gemeinde ihr Kraftwerk an die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW). Die HEW legten das Kraftwerk mit seiner 55 PS starken Dampfmaschine still und versorgten Moorburg über ihr Stromnetz. Das Kraftwerk wurde in Wohnungen und Gewerberaum umgebaut. Das Gebäude wurde im zweiten Weltkrieg ausgebombt.


Auf dem Fundament des Schornsteins wurde nach dem Krieg ein kleines Wohnhaus gebaut. 2003 wurde auch dieses Haus schon wieder abgerissen.


Gaskraftwerk Moorburg von 1974 (1000 Megawatt)

Nach nur drei Jahren Bauzeit wurde am 27. Juni 1974 der erste Block des Gaskraftwerks eingeweiht. Er verfügte über eine Leistung von 500 MW. 1976 nach Inbetriebnahme des 2. Kraftwerkblockes stieg die Leistung auf mehr als 1000 Megawatt. Bauplatz war der ehemalige Übungsplatz der Pioniere auf dem Ellernholz, aber auch einige der letzten Häuser im Osten Moorburgs, am Elbdeich, fielen dem Bau zum Opfer.


Der Pionierplatz

Sagte der Vorstandssprecher der HEW noch zur Einweihung des ersten Kraftwerkblocks: "Heute dagegen wird hier in Moorburg in schöner Eintracht aus dem Erdgas der Hamburger Gaswerke Strom für Hamburg umweltfreundlich hergestellt.", so wurde das Kraftwerk drei Jahre später, gleich nach der Fertigstellung des zweiten Kraftwerkblocks auf die wesentlich umweltschädlichere Verbrennung von Erdöl umgebaut. Aufgrund der vielen Schadstoffe, die bei der Verbrennung von Öl freigesetzt werden, wurde ein Schornstein von 256 Metern gebaut. Die Anwohner wurden mit der Aussage beruhigt, dass die Schadstoffe sich erst in etwa 30 km Entfernung absetzen würden und Moorburg also keine Nachteile durch diesen Umbau hätte. Zusätzlich entstanden an der Zufahrt zur Kattwykbrücke und auf dem Gelände des Eisschuppens (Plöner See) Erdölvorratstanks. Nennenswerten Widerstand gegen den Umbau des Kraftwerks gab es nicht.

Weil die Stromerzeugung in Moorburg teurer war als in den Atomkraftwerken der HEW wurde das Kraftwerk von 1984 bis 2001 nur noch als Reservekraftwerk genutzt. Mitte der neunziger Jahre wurde die Technik umfangreich modernisiert. In den Jahren 2002 bis 2004 wurde das Kraftwerk abgerissen. Viele Teile wurden im Kraftwerk Wedel wiederverwendet.


Kesselhaus während des Rückbaus 2002


Beim Betreten des Schornsteins, erstaunte mich die geringe Wandstärke, im Inneren des Schornsteins führte ein Zahnstangenfahrstuhl nach oben (Fahrzeit 20 Minuten).


Hamburgs höchstes Bauwerk


Ausblick auf das obere Moorburg


Sprengung des Schornsteins 24.4.2004 (Faltsprengung 63,5 m und 91 m)

Bei der Sprengung des Schornsteins flog ein Metallteil in das vor dem Kraftwerk liegende Umspannwerk. Dadurch fiel in ganz Harburg der Strom aus und die Anlagen der Raffinerien nahmen eine Notabschaltung vor. Gas und Öl wurde abgefackelt. Das vorsorglich angeforderte Feuerlöschboot "Branddirektor Krüger" lief beim Annähern an das Kraftwerk auf eine Spuntwand auf und sank in Ufernähe. Weil die Reparaturarbeiten am Umspannwerk Priorität hatten, wurde die Sprengung der Kesselhäuser verschoben.


Notabschaltung der Raffinerie


Das gestrandete Feuerlöschboot


Reparaturarbeiten am Umspannwerk nach der Schornsteinsprengung


Sprengung der Kesselhäuser vom 8.5.2004



Das Gasturbinenkraftwerk von 1980 (152 Megawatt)


(c) Thorsten Bätge 18.9.2007

Das Gasturbinenkraftwerk Moorburg war ein mit Heizöl befeuertes Gasturbinenkraftwerk im Hamburger Stadtteil Moorburg. Das Kraftwerk war von 1980 bis zur Demontage im Jahre 2009 in Betrieb. Das Kraftwerk war eines von fünf Gasturbinenkraftwerken der Vattenfall Europe. Es ging 1980 mit einer Nennleistung von zweimal 76 MW in Betrieb. Eingesetzt wurden Gasturbinen vom Typ V93.2 der Kraftwerk Union (KWU). Als Brennstoff diente HEL, wovon unter Volllast stündlich 25.000 Liter je Turbine verbrannt wurden. Die Feuerungswärmeleistung betrug 267 MW pro Turbine, woraus sich ein Nettowirkungsgrad von 29 % ergab. Die Gasturbinen waren schnellstartfähig, sodass es möglich war, die Anlage innerhalb von 7,5 Minuten ans Netz zu schalten. Nach ungefähr 15 Minuten stand die Grundleistung zur Verfügung. Am gleichen Standort entsteht das Kohlekraftwerk Moorburg. Um Platz für einen geplanten Hybridkühlturm des Neubaus zu schaffen, wurde das Gasturbinenkraftwerk 2009 stillgelegt und demontiert.2



Das Kohlekraftwerk von 2012 (1640 Megawatt)


August 2010


Baubeginn für das neue Kraftwerk mit zwei steinkohlebefeuerten Blöcken mit jeweils 820 MW elektrischer Nennleistung war im Oktober 2007. Im Jahre 2012 soll es in Betrieb gehen. Eine Auskopplung von maximal 650 MW Fernwärme wird die Erzeugung des außer Betrieb gehenden Heizkraftwerks Wedel ersetzen und darüber hinaus einen weiteren Ausbau der Fernwärmeversorgung im Süden Hamburgs ermöglichen. Im September 2006 gab der Aufsichtsrat von Vattenfall Europe grünes Licht für den Bau des Kraftwerks. Dieses wird nach Vattenfall-Angaben rund 2,6 Mrd. Euro kosten.

Der Neubau wird sowohl von Teilen der Hamburger Bürgerschaft als auch von mehreren Verbänden und Initiativen äußerst kritisch betrachtet. Wesentliche Kritikpunkte sind dabei unter anderem:

Der CO2-Ausstoß von insgesamt 8,5 Millionen Tonnen jährlich.

Die im Vergleich zu ausgesprochenen Heizkraftwerken, also Anlagen mit geringerer Stromerzeugung, geringe Brennstoffausnutzung der Anlage. So ist trotz Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) nach Angaben von Vattenfall im Jahresmittel ein Nutzungsgrad von lediglich ca. 55 Prozent und dementsprechend 45 Prozent Energieverlust in Form von Abwärme zu erwarten.

Die unter Umständen eintretende Beeinträchtigung der Flora und Fauna der Elbe durch die Abwärme, die nach den gegenwärtigen Plänen auch durch die Süderelbe abgeführt werden soll.

Protest und Übergabe von 12.000 Unterschriften gegen den Bau des Kohlekraftwerks an die Hamburger Bürgerschaft im Oktober 2007.
Nachdem die für die Genehmigung zuständige Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) das Projekt im April 2007 kritisch gesehen hatte, wollte sie offenbar die endgültige Genehmigung nach Abschluss des Erörterungstermins mit gewissen Auflagen erteilen (neue wasserrechtliche Stellungnahme vom August 2007).
Von verschiedenen Organisationen wurden Unterschriften für eine Volkspetition gegen das Kohlekraftwerk Moorburg gesammelt, mit der Senat und Bürgerschaft aufgefordert wurden, sich gegen den Bau des Kohlekraftwerks einzusetzen. Bei der ersten Zählung der Unterschriften im Dezember 2007 wurden nur diejenigen mit vollständiger Adresse berücksichtigt, so dass die Volkspetition mit weniger als 10.000 gültigen Unterschriften zunächst nicht zustande gekommen schien. Nach Berücksichtigung auch unvollständiger, aber eindeutig zuzuordnender Adressangaben kam die Volkspetition jedoch schließlich zustande, so dass sich die Bürgerschaft mit ihr beschäftigen musste.
Am 30. September 2008 erteilte Hamburgs Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) die endgültige Genehmigung zum Bau des Kraftwerkes unter strengen Umweltauflagen. Da die Menge des Kühlwassers, das der Elbe entnommen werden darf, vom jeweiligen Wasserstand abhängig sein soll, kann dies an 250 Tagen im Jahr zu einer gedrosselten Leistung des Kraftwerkes führen. Im Februar 2009 gab Vattenfall bekannt, dass die geforderten Auflagen den Bau des Kraftwerks massiv verteuern. Grund hierfür ist unter anderem die als Ausgleichsmaßnahme geforderte zweite Fischaufstiegsanlage an der Staustufe Geesthacht. Im April 2009 hat deshalb Vattenfall eine Klage gegen die Freie und Hansestadt Hamburg vor dem internationalen Schiedsgericht Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten auf Schadensersatz in Höhe von 1,4 Mrd. Euro eingereicht.3


1 Hein Rieck: Mullheuner, Melkhöker un Sneurmokers, Hans Christians Verlag, Hamburg 1975
2 http://de.wikipedia.org/wiki/Gasturbinenkraftwerk_Moorburg
3 http://de.wikipedia.org/wiki/Kohlekraftwerk_Moorburg