Die Landschaft Moorburg gehörte bis vor wenigen Jahren zu denjenigen Hamburger Gebietstheilen, welche den meisten Hamburgern nur dem Namen nach bekannt sind. Unmittelbare Verbindung von Hamburg nach Moorburg bestand nicht; die nach Harburg fahrenden Dampfschiffe hielten zwar bei Moorburg an, aber man mußte mit einem Boote abgeholt und ebenso wieder an's Dampfboot gebracht werden; ein Unmittelbar in Moorburg anlandendes, 1862 in Betrieb gesetztes Dampfboot fuhr nur zweimal täglich dorthin. Der Weg durch Moorburg war nicht sonderlich bequem, ja nach anhaltend regnerischem Wetter schwer zu begehen. Das alles hat sich vor etwa 15 Jahren sehr geändert. Im Jahre 1883 wurde der schon 20 Jahre früher entworfene Plan zur Herstellung eines gepflasterten Weges durch Moorburg zur Ausführung gebracht, eine prächtige Klinkerbahn wurde hergestellt, die mit Vorliebe von Radlern benutzt wird, um von Moorburg aus weitere Fahrten in das, ebenfalls mit Klinkerbahnen versehene Alte Land nach Buxtehude, nach der Gegend bei der Lühe oder nach Stade zu machen. Und einige Jahre später erbaute die Gemeinde Moorburg einen neuen Landungsdamm, an welchen die Harburger Dampfschiffe anlegen können, so daß seitdem ein starker Strom von Ausflüglern sich nach Moorburg wendet, hauptsächlich um von hier, statt früher von Harburg aus, auf näherem und schönerem, ländlichen Wege zu den herrlichen Forsten der Haake zu pilgern. Aber auch Moorburg selbst bietet für den nur auf kürzere Zeit von der Stadt sich entfernenden auf einem Spaziergang auf dem Deich längs der sauberen Häuser und der schönen Bäume, unter denen sich prächtige alte Nußbäume auszeichnen, sowie mit dem Blick über die außendeichs belegenem Weiden und Felder nach der Süderelbe, und südwärts hinüber nach dem Harburger Höhenzuge viele malerische Blicke. Auch fehlt es nicht an Gelegenheiten zur Einkehr in guten Wirthshäusern, von denen das hauptsächlichste der große "Moorburger Hof" ist, in der Nähe der Landestelle, bewirthschaftet von Rud. Behrs, dem Sohne des Inhabers des bekannten großen Wirthshauses in Lauenbruch.
Es wird jetzt geplant, eine Kleinbahn oder vielleicht eine electrische Straßenbahn vom Moorburger Hof nach der Haake und weiter zu bauen. Ein zweites Wirthshaus in sehr hübscher Lage ist das, in der Mitte Moorburgs gelegene, Blankau'sche an der stillen Süderelbe mit weitem Blick auf die grasreichen Weiden der gegenüber liegenden Insel Altenwärder.
Urkundliche Nachrichten über Moorburgs älteste Geschichte, d. h. über die erste Eindeichung, die erste Ansiedlung und die Errichtung einer Kirche daselbst sind nicht überliefert. Das Land trug ursprünglich den Namen "Glindesmoor". Ein Kirchlein daselbst wird zum Jahre 1309 als Filial der Kirche zu Wilstorf (bei Harburg) erwähnt. Ueber die Bebauer des eingedeichten Landes in Glindesmoor hatten dem Ritterstande angehörende gutsherrliche Rechte, sie selbst einen Gutshof. Dieser Gutshof und die gutsherrlichen Rechte wurden im Jahre 1375 durch die Stadt Hamburg käuflich erworben. Für Hamburg war der Erwerb der Landschaft Glindesmoor deshalb von Wichtigkeit, weil erst durch Besitz dieses Landes es möglich wurde, von hier aus den südlichen Flußlauf der Elbe zu beherrschen, um den Handel nach und von Hamburg zu schützen und das wichtige Stapelrecht Hamburgs aufrecht zu halten d.h. das Recht der Stadt auf Hinführung aller mit Handelswaaren befrachteten, die Elbe bei Hamburg passierenden Schiffe zum Hamburger Hafen und zur Anbietung der Waaren zum Verkauf auf den Märkten, damit dem Bürger der Stadt Gelegenheit zu deren Erwerb gegeben werde.
Alsbald nach dem Ankauf von Glindesmoor ließ der Hamburger Rath weitere Ländereien eindeichen und im Jahre 1390 wurde dort eine Burg erbaut, die zum Wohnsitz des Hamburger Rathsherrn bestimmt wurde, dem die Verwaltung von Glindesmoor und Aufrechterhaltung Hamburgischer Gerechtsame über den Elbstrom anvertraut war. Auf die Burg wurde auch eine kleine militärische Besatzung gelegt, welche in Zeiten drohender Fehden verstärkt wurde. Der Hamburger Rath mußte sorgfältig auf die Gerechtsame der Stadt achten lassen, denn die benachbarten Lüneburgischen Herzoge waren sehr geneigt, die städtische Gerechtsame zu beeinträchtigen, insbesondere seitdem im Jahre 1527 eine Nebenlinie des herzoglichen Hauses in Harburg ihre Residenz genommen hatte. So berichten denn auch die Chroniken, daß manche Streitigkeiten, welche zwischen Hamburg und den Lüneburgischen Herzögen ausbrachen, zu kriegerischen Handlungen geführt haben.
Die Hamburgische Burg in Glindesmoor erhielt bald nach ihrer Errichtung den Namen "Moorburg"; dieser Name wurde im Laufe der Zeit auf die ganze Landschaft übertragen und der Name Glindesmoor verschwand. Hamburger Rathsherren haben indessen nicht immer im Herrenhause des Moorburger Burghofes ihre ständige Wohnung gehabt, vielmehr sich oft damit begnügt, durch einen Stellvertreter für die Aufsicht über die Schiffahrt und die Verwaltung der Landschaft sorgen zu lassen. Der auf der Moorburg residierende Rathsherr bezog die Einkünfte aus der Landschaft an Zehnten, Gefällen, Gerichtsgebühren u.a.m. sowie die Einnahmen aus der mit der Burg verbundenden Hofwirthschaft, Einkünfte die sicherlich recht erheblich waren. Der letzte Hamburgische Rathsherr, der dort in den Jahren 1542 bis 1546 residierte, war der Bürgermeister Johann Rodenborg.
Später wurde ein Verwalter auf die Burg gesetzt, während einer der Rathsherrn nur dem Namen nach als Burgherr verblieb und die Einkünfte aus Moorburg bezog, bis das Amt eines "Hauptmanns auf Moorburg" aufgehoben und die dortige Landschaft demjenigen Rathsherrn unterstellt wurde, der als Landherr für Bill- und Ochsenwärder fungierte. Es geschah dieses bald nach 1563. Die Einkünfte aus Moorburg flossen seitdem in die Stadtkasse; das bei der Burg befindliche Vorwerk mit den zugehörigen Ländereien wurde als Kämmereigut verpachtet und ist noch jetzt verpachtet.
Das alte Burggebäude verfiel allmählich. Es wurde nur noch zu landwirthschaftlichen Zwecken benutzt und ist 1821 abgebrochen worden. Die Stelle an welcher die Burg lag, ist noch jetzt an den Ueberresten des Burggrabens, von dem sie einst umgeben war, erkennbar; sie befindet sich im Obstgarten der Domaine Moorburg.
Das älteste Kirchlein in Glindesmoor war der Maria-Magdalena gewidmet. Es wird erzählt, daß dieses Kirchlein ein wunderthätiges Heiligenbild bewahrt gewesen, welches man in abgöttischer Weise verehrt habe, so daß ein Zulauf von Gläubigen zu diesem Bilde stattgefunden habe. Wohl erst die Reformation hat diesem Spiel ein Ende gemacht. Das älteste Kirchlein hat mitten im Lande gestanden an einem alten Deiche. Im Jahre 1597 ist die Kirche neu gebaut worden; sie wurde an einem in der Nähe des Deichs belegenen größeren Platze errichtet, auf welchem noch jetzt das Kirchengebäude sich befindet, welches 1687 vergrößert und mit einem Thurm verziert, im Jahre 1879 aber in seinem Mauerwerk und zwar statt des bisherigen Fachwerkbaues nunmehr massiv, in gothischem Stil, erneuert worden ist.
Die Bewohner der Landschaft Moorburg haben in Folge ihrer von fremdem Gebiet umgebenen und von der Stadt Hamburg, welcher sie untergeben waren, getrennten Lage manche Beschwerden und Anfechtungen zu erdulden gehabt. Im Mittelalter fanden einige Male feindliche Übergriffe gegen Moorburg statt, und im Jahre 1686 war Moorburg längere Zeit von Truppen des Herzogs Georg Wilhelm von Lüneburg-Celle besetzt, welcher die Zeit der bekannten bürgerlichen Unruhen in Hamburg benutzte, um alte Ansprüche auf den Besitz Moorburgs geltend zu machen, ein Versuch, mit dem jedoch der Herzog kein Glück hatte. Die Landschaft Moorburg verblieb im ungestörten Besitze Hamburgs. In den folgenden Zeiten wurde Moorburg von Kriegsungemach fast ganz verschont, bis um 1801 in Folge der Besetzung des Kurfürstenthums Hannover durch Preußen Moorburg früher als alle anderen Hamburgischen Gebietstheile die Leiden von Truppen-durchmärschen und längere Besetzung durch einquartierte Soldaten zu erdulden hatte. Schwer litt Moorburg in der verhängnisvollen Franzosenzeit und namentlich im Sommer 1813 bis zum Frühjahr 1814. Das benachbarte Harburg war mit seiner Citadelle von den Franzosen besetzt; die französischen Heerführer befestigten Harburg und seine Umgegend, um dasselbe mit dem befestigten Hamburg zu einem großen Waffenplatz und zum Stützpunkt für die Operationen der französischen Armee im nördlichen Deutschland einzurichten. Im Spätherbst 1813 umzingelten die Verbündeten diesen Waffenplatz, belagerten Hamburg und Harburg, ohne jedoch zu einem ernstlichen Angriff zu schreiten, aber die Ortschaften der Umgegend Hamburgs und Harburgs litten dabei schwer. So auch Moorburg. Ununterbrochene Einquartierung und vielfache Leistungen für Truppen wurden den Bewohnern auferlegt. Viele Häuser wurden beschädigt, einige Gebäude ganz ruiniert, ein großer Theil des Viehstandes ging verloren, und in Folge des Durchstechens der Deiche wurde das Binnenland überschwemmt und die Bestellung der Felder für das Jahr 1814 fast unmöglich gemacht. Am Moorburger Elbdeich unweit des Nachbarortes Lauenbruch hatten die Belagerer eine Schanze aufgeworfen, in deren Nähe wiederholt Gefechte stattfanden. Nach dieser Schanze ist das gegenüber dem mittleren Landungsdamm belegene Wirthshaus "zur Moorburger Schanze" benannt, welches genau dort sich befindet, wo einst die Schanze sich erhoben hat.
Nach Beendigung des Krieges erholte die Bevölkerung nur langsam von den Lasten der Kriegsjahre. Der andauernde Fleiß der Bewohner Moorburgs hob allmählich die Landschaft zur früheren Wohlhabendheit und bietet jetzt Moorburg ein erfreuliches Bild blühenden Wohlstandes. Hiervon legt Zeugniß ab die große Zahl stattlicher neuer Häuser mit hübschen Gartenanlagen, während manche Gebäude älterer Art, insbesondere auf den eigentlichen Bauernhöfen noch erhalten sind, unter ihnen das weit über 200 Jahre alte ehemals der Familie Sattler in Harburg gehörende Haus, dessen Vordertheil aus einem langen Querbau besteht; alte Eichen mit herrlich belaubten Aesten zieren die Umgebung dieses Hauses. Manche der neuen Häuser sind freilich nach verheerenden Bränden wieder aufgebaut worden, von welchen die Gemeinde Moorburg öfters heimgesucht worden ist. Bei einem dieser Brände wurde auch das große, auf dem Staatspachthof befindliche Wohn- und Viehhaus eingeäschert. Das Kirchengebäude liegt etwas entfernt von der Hauptstraße, verborgen durch Bäume und Gebüsch, welche von dem schlanken Thurm, einer Zierde der Landschaft, überragt werden. Zwei Schulen bestanden früher in Moorburg, welche 1870 zu einer einzigen, in der Mitte der Gemeinde befindlichen Schule vereinigt wurden.
Der Hauptbetrieb der Landschaft Moorburg besteht in der Milchwirthschaft, welche wesentlich durch den Umstand gehoben wird, daß grasreiche Außenweiden zu Moorburg gehören, welche den Milchkühen eine vorzügliche Nahrung gewähren. Der größere Theil dieser Außenweiden ist Staatseigenthum und an die Moorburger Viehhalter verpachtet. Am 1. December 1897 ergab die allgemeine Viehzählung einen Bestand von 1036 Stück Rindvieh (neben 220 Pferden).
Kornbau findet sich in Moorburg fast garnicht; das meiste Land wird zum Anbau von Viehfutter oder als Weideland benutzt. Wohl aber ist viel Gemüsebau in Moorburg. Man kann drei Gruppen von Bewohnern dieser Landschaft unterscheiden: die Höfner und Halbhöfner, zusammen etwa 50 an der Zahl, welche Eigenthümer der größeren Grundstücke und Besitzer des größten Theil des Rindviehs sind, sodann die Käthner mit kleinerem Besitze, von denen sehr viele den Handel mit Milch betreiben, indem sie die von den Besitzern der Kühe bezogene Milch täglich nach Hamburg oder Altona zum Verkauf an ihre Kunden bringen; im Uebrigen aber baut jeder Käthner, und ebenso die meisten der zur Miethe Wohnenden Gemüse, dessen Beförderung nach Hamburg zum Verkauf in der Regel von den Frauen besorgt wird.
Die Seelenzahl der Gemeinde Moorburg belief sich der letzten Volkszählung (1895) auf 1746; die Zahl der Haushaltungen war 384.