Moorburger Kirche

700 Jahre Kirche in Moorburg

Das kirchliche Schulwesen in Moorburg

Kirchliche Liegenschaften

Kleine (Bilder)-Geschichte der neuen Kirche


Das kirchliche Schulwesen in Moorburg

Es ist belegt, dass Moorburg bereits um 1662 zwei Schulen hatte. Die Leitung dieser Schulen lag in der Verantwortung des Pastors der Kirchengemeinde. An der oberen Schule, der sogenannten Küsterschule, wurde der Unterricht durch den Küster vorgenommen, an der unteren durch einen Lehrer. Verantwortlich für die Inhalte war der Pastor der Kirchengemeinde und ohne seine Zustimmung durfte nichts an der Gestaltung und den Inhalten des Unterrichts geändert werden.


Die um 1835 erneuerte Küsterschule

1703 wurde mit der Hamburgischen Kirchen- und Schulkonstitution die Schulpflicht für Kinder zwischen 7 bis 12 Jahre eingeführt. Diese Schulpflicht wurde durch die "Schulordnung für das Marschgebiet" 1789 auf ein Alter von 14 Jahren ausgedehnt. Der Unterricht fand Montag bis Sonnabend statt. Im Sommer begann die Schule um 7:00 Uhr und von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr war Mittagspause, in der die Schülerinnen und Schüler nach Hause gingen und zu Mittag aßen. Schulende war um 17:00 Uhr. Im Winter begann die Schule erst um 8:00 Uhr und endete bereits um 16:00 Uhr. Da die Kinder auch noch allerlei häusliche Pflichten hatten und auch in Landwirtschaft und Handwerk als Arbeitskräfte verplant waren, fand der Schulbesuch eher unregelmäßig statt. Um 1833 erließ der Landherr, nach Beratung mit dem Pastor, ein Schulmandat (Schulpflicht). Nach großem Widerstand aus der Gemeinde, vor allem gegen den Pastor, den man für den Verursacher dieser Maßnahme hielt, wurde diese Schulpflicht aber gleich wieder aufgeweicht, so dass keine Veränderung stattfand.
Der Moorburger Lehrer Johannes Bruns, der von 1748-1760 an der Küsterschule und vorher drei Jahre an der unteren Schule tätig war, hat uns in seinen Aufzeichnungen, die er mit "Verzeichnis der merkwürdigsten Dinge, welche sich allhie begeben haben" betitelt, einen Zeitzeugenbericht hinterlassen. Als Fibel, zum Lesen lernen, diente die Bibel und wenn die Klasse das Alte und das Neue Testament zu Ende gelesen hatte, wurde wieder von vorne begonnen. Bruns notiert in einem Jahr voller Stolz, dass er im Novem-ber bereits zum dritten Mal mit dem Neuen Testament begonnen habe.
Die Schulexamen fanden jährlich in der Kirche statt. Ihnen wohnte der Landherr (Senator für die Landgemeinden) bei. Die besten schulischen Leistungen wurden durch Geschenke belohnt (Bibeln, Gesangbücher und Kuchen). Weil es um diese Geschenke immer wieder Streit gab, wurden diese Examen in Gegenwart des Landherrn 1847 abgeschafft.


Gebäude der Unterschule

Die Entlohnung der Lehrer, besonders der unteren Schule, war so schlecht, dass der jeweilige Lehrer nicht einmal sein Existenzminimum decken konnte. Durch zwei Maßnahmen wurde Anfang des 19. Jahrhunderts die Einkommenssituation verbessert. Auf Drängen von Landherr Amsinck kam folgende Schenkung zustande:

Wir Endes Unterschriebene bekennen hiermit, daß, da der unterste Schulhalter-Dienst klein, und kein kein Lehrer guth darauf leben kann, so wollen wir das Stück Moor, welches bisher ist vermiethet gewesen zu einer Jährlichen Miethe von 7 Mark Kur., auf immer und Ewig ohne Entgelt an der untersten Schule zugeben, daß die Schulhalter ihre notdürftige Feuerung daraus Stechen, und zu ihrem Nutzen gebrauchen können, entsagen von Stunde dieser Unterschreibung wegen gedachtes Stück Moor aller Ansprüche und Gerechtsame und thun hiermit Verzicht darauf.

Moorburg, den 22. April 1800
Jacob Harms, Land-Voigt


Nicht mal ein Jahr später wurde eine weitere Maßnahme nötig, um die Situation des Lehrers zu verbessern (19. Februar 1801):
Da der unterste Schuldienst schlecht und kein Lehrer darauf leben kann, also haben die Interessenten der unteren Schule für guth befunden, dem Schul-Lehrer deßen Dienst in der heutigen Zusammenkunft untern obigen dato auf immerwährend in etwas zu verbessern, also ist nach langen deliberieren von der Intereßengemeinschaft beschloßen und festgesetzet worden:

§ 1. Es soll dem jedesmaligen Lehrer der unteren Schule von dem obigen dato bis auf immerwährend außer seiner bisherigen Ein-nahme von jedem Intereßenten der unteren Schule gegeben werden als

Von jedem Höfner jährlich ein Brod,
von zwey Halbhöfnern ein Brod,
von jedem Käthner 6 Schilling
von jedem Heuerling 3 Schilling

§ 2. Das Brod, was den Höfener und Halbhöfener an dem Schulhalter laut dem 1 ten § gegeben, muß jedes Brod nach dem Be-ckerpreis sein, und wird gerechnet zu 1 Mark Kur. 8 Schilling.

§ 3. Solchem nach hat der Schullehrer das Recht, das Brod, was er jährlich von die Höfener und Halbhöfener bekömt, nach seinem Gefallen, so wie er es benötiget, von dieselben abholen zu lassen. Was die 6 und die 3 Schilling von die Käthener und Heuer-linge anbelangt, die muß derselbe jedes Jahr auf den 1-ten October einholen.

§ 4. Die Intereßenten Verpflichten sich, obi-ges alles für sich und ihre Erben zu halten und erfüllen beim Verband ihrer Hab und Güter und unterwerffung der promptesten Extra Judiciat Execution.

§ 5. Zu Urkund dessen und zu mehreren Sicherheit haben die Interßenten nach Vorlesung obiges alles mit ihrer eigenhändigen Namens Unterschrift und selbstgemachten Kreutzzuges unterschrieben.

Es folgen 34 Unterschriften und 13 Kreuze.

Organisten, Küster und Lehrer der Küsterschule
Vor 1666 Cordt Schuldt
1666-1703 Johann Zinck
1703-1704 Johannes Zinck
1704-1720 Johann Joachim Krohn
1720-1748 Johannes Krohn
1748-1760 Johannes Bruns
1760-1800 Hans Rübcke
1800-1816 Johann Heinrich Gottfried Rübcke
1816-1829 August Beyer
1829-1848 August Beyer
1848-1860 Johann Georg Schierholz
1860-1870 Johann Martin Julius Hegewald

Die Lehrer der unteren Schule
1662-1666 Johann Zinck
1723 L. Böttger
1730 Friedrich Hermann Elend
1745-1748 Johannes Bruns
1748-1750 Johann Bernhard Indorff
1750-1758 Claus Hinrich Ockelmann
1764-1766 Hans Joachim Krohn
Bis 1771 Reichenbach
1774-1778 Jacob Nibbe
1778-1790 Peter Beckedorff
1790-1801 Peter Ludolf Wagener
1801-1816 August Beyer
1847-1860 Johann Martin Julius Hegewald
1860-1871 J. H. von Hassel

Das eigentliche Schulgeld pro Jahr berechnete sich wie folgt: 3 Mark Kur. für Lesen, 6 Schilling für Feuerung, eine Mark Kur. für Schreiben und eine Mark Kur. für Rechnen. Das Rechnen und Schreiben wurde auf freiwilliger Basis und wenn es das Einkommen der Eltern zuließ unterrichtet. Ab 1843 wurde Rechnen nach dem 11. Lebensjahr und Schreiben nach dem 9. Lebensjahr auf An-weisung des Landherrn Pflicht. Damit sollte sowohl die Bildung der Schüler als auch das Einkommen des Lehrers verbessert werden. Trotzdem übten einige Lehrer noch eine Nebenbeschäftigung aus.
Die größte Verbesserung im Einkommen des Lehrers der unteren Schule lag aber darin, nach dem Tod des jeweiligen Küsters, die Lehrerstelle an der oberen Schule, der Küsterschule, zu bekommen. Damit verbunden waren allerdings auch erweiterte Aufgaben.

Zusätzliche Aufgaben des Lehrers der Küs-terschule im November 1800 als Organist (Begleitung des Chorgesangs) und Küster:
Glockenleuten Freitag, Sonnabend, Sonntag und zu Beerdigungen. Die Betglocke musste jeden Tag dreimal geleutet werden, die Sturmglocke bei Sturmflut oder Feuer. Die Turmuhr musste zweimal am Tag aufgezogen werden. Leichen mussten zu Grabe gesungen werden. Er hatte die Kirche zu lüften und sauber zu halten. Vor dem Gottesdienst hatte er die Altardecken und den Klingelbeutel vom Pfarrhaus in die Kirche und hinterher wieder zurück zu bringen. Er hatte die Register der Geburten, Eheschließungen und Gestorbenen zu führen. Außerdem musste er zweimal im Jahr die unehelichen Kinder nebst den Eltern an den Landherrn melden. Bei Krankenbesuchen des Pastors musste der Küster ihn begleiten und die heiligen Gefäße tragen. Außerdem verlas der Küster die Predigt, wenn der Pastor verhindert war. Neben diesen vielen Pflich-ten, die sich positiv im Einkommen bemerkbar machten, hatte der Küster das Monopol im Aufsetzen von Kontrakten (1 Taler pro Kontrakt). Außerdem hatte die obere Schule wesentlich mehr Schüler, so dass hier wesentlich mehr Schulgeld eingenommen wurde.
Trotz der Erweiterung um einen Klassenraum um 1800 waren die Verhältnisse in der Küsterschule alles andere als ideal. Die Räume waren so niedrig, dass ein Erwachsener sie nicht aufrecht betreten konnte, ohne sich am Balkenwerk den Kopf zu stoßen. Durch diese niedrigen Decken litten die Schüler in den Klassen unter Atemnot. Durch einen Umbau der Küsterschule um 1835 wurden die Verhältnisse nicht nachhaltig verbessert, auch in der unteren Schule, die 1807 in eine neu erbaute Kate am Deich umgezogen war, waren die Raumverhältnisse nicht besser. Sie machten es Mitte des 19. Jahrhunderts mehr als notwendig, einen Schulneubau in Angriff zu nehmen. In der einklassigen unteren Schule fanden sich 70 Schüler und mehr in einem Klassenraum wieder, in der oberen zweiklassigen Küsterschule waren es sogar über einhundert Schüler pro Klasse. Nach der Planungsphase wurde 1870 mit dem Bau der neuen Schule in der Mitte des Dorfes begonnen. Der Neubau sollte die beiden vorhanden Schulen ersetzen. Auch mit ausschlaggebend waren die schlechten Wohnverhältnisse, vor allem in der Küsterschule. Der Lehrer Schierholz schrieb dazu am 14. September 1858 eine Mängelliste:


Die Übelstände der Dienstwohnung waren vornehmlich:

1. Die ungesunde Lage des Hauses unmittelbar am Deiche und tief unter demselben gegen Norden. In der jetzigen Schlafstube, das größte Zimmer des Hauses, das aber bei weiterem Zuwachs der Familie nicht hinreichend Raum gewährt, kommt kein Sonnenstrahl. Überdieß frißt der Schwamm darin, wie an der ganzen Nordseite.

2. Die schmale Diele des Hauses, die sich von der Haustür bis zu den Eingängen der Schulclassen längs den Zimmern der Familie und der Küche hinzieht, ist zugleich die Pas-sage für die 200 Schulkinder und den ganzen Tag eigentlich eine öffentliche Straße. Wind und Wetter, Regen und Schnee hausen dort wie draußen. Im Winter muß der Schnee ausgeschaufelt werden, und die Haustür ist am Abend nur mit Mühe zum Schließen zu bringen.

3. Wände und Fenster der Stuben sind von so schlechter Beschaffenheit und so undicht, daß trotz Fensterladen und dicker Vorhänge der Zug nicht abzuhalten ist.

4. Die Küche 9 ¾ Fuß breit, 10 Fuß lang, wovon für den Herd noch 6 ½ und 3 Fuß abgeht, und die Speisekammer sind stets vom Zuge durchzogen und gewähren durchaus keinen genügenden Platz für 2-3 arbeitende Personen. Das Siel um unreines Wasser abzuleiten, ist in der Speisekammer angebracht und seit Jahren unbrauchbar.

5. Außer der Schlafstube ist für die Familie, den Gehilfen und eintretenden Besuch nur ein kleines Zimmer vorhanden. Hier sollen die Kinder abgewartet werden, mancherlei häusliche Geschäfte verrichtet werden, hier soll der Gehilfe für sich arbeiten, ich selbst mich vorbereiten, meinen Arbeiten obliegen und die Gemeindemitglieder empfangen, die für die Kirchenbücher ihre Meldungen machen.

Im Schulneubau wurden zwei, für die damalige Zeit moderne Wohnungen im Obergeschoss gebaut.


Das neue Schulgebäude

Nachdem als Folge der Revolution von 1848, die Forderung der Trennung von Kirche und Staat immer lauter wurde und der Entwurf der "Neuen hamburgischen Schulordnung" in die Bürgerschaft eingebracht wurde, verkündete der Pastor 1849 von der Kanzel: […] Es wird Ernst mit der großen Umwandlung, die in unserem hamburgischen Staat vor sich gehen soll. Nach diesem neuen Gesetz wird in Hamburg das Christentum, Religion überhaupt, in Zukunft öffentlich nicht mehr gelten, wird der hamburgische Staat auf Religion nicht mehr ruhen. Da der Staat aber ein christlicher nicht sein soll, so dürfen natürlich auch die Schulen christliche Schulen nicht sein. - Im christlichen Sinne wird der Staat die Jugend nicht erziehen lassen, darauf, dass christliche Lehrer angestellt werden, wird er nicht sehen, - es werden vielmehr nach diesen Grundsätzen die Bibel, das Gesangbuch und der Katechismus, und mit ihnen das Gebet aus der Schule fortgeschafft werden. […] Auf jeden Fall aber müssen wir, koste es was es wolle, in unsern Gemeinden christliche Schulen behalten; denn kein christlicher Vater und keine christliche Mutter kann ja ihr Kind in eine Schule schicken, in der ein christlicher Geist nicht weht, ein christlicher Lehrer unter den Kindern nicht lebt, das Christentum das Fundament nicht ist, auf dem das Ganze ruht; Bibel, Gesangbuch und Katechismus die tägliche Speise nicht sind, von der die Kinder sich nähren. […]
Das Landschulgesetz vom 12. Dezember 1879 vollzog, dann aber doch gegen alle Widerstände die Trennung von Kirche und Staat im Schulwesen, auch wenn bis 1886 der Moorburger Küster, gleichzeitig die Position des Schulleiters inne hatte. Um den Einfluss auf die christliche Erziehung der Jugend nicht vollkommen zu verlieren, gründete die Kirchengemeinde in Moorburg zwei sogenannte Warteschulen für die Vorschulkinder, wiederum eine im unteren und eine im oberen Moorburg (1874-1914).


Klasse der unteren Warteschule (ca. 1910)


Die Schulkate der Küsterschule wurde 1872 von der Gemeinde Moorburg, die Eigentümer war, an Johann Wilhelm Ritscher verkauft. Die untere Schule, auch im Besitz der Gemeinde, wurde 1873 an Johann Nicolaus Reimers verkauft. Das Gebäude der unteren Warteschule, seit 1874 Eigentum der Moor-burger Kirche, wurde 1914 an Witwe Marie Louise Mathilde Pauline Meyer, geb. Peters verkauft. Die neue Schule wurde wiederum auf einem Grundstück erbaut, das die Gemeinde Moorburg für diesen Zweck erwarb.


Das Gebäude der unteren Warteschule

Quellen:
Alfred Aust; Rund um die Moorburg; Verlag A. Aust, Moorburg;1930
Lorenzen-Schmidt, Padberg, Voigt; Moor-burg; Christians Verlag;1993
Grundbuch


Kirchliche Liegenschaften

Bei der Besiedlung von Moorburg wurde östlich des Hofes der Burg, ein Vollhof für die Kirche mit erschlossen. Damit sollte die wirtschaftliche Existenz des Pastors gesichert werden. Über Jahrhunderte waren die Moorburger Pastoren somit auch Landwirte. Hinzu kamen Ländereien, die schon vor dem Kauf des Glindesmoor der Kirche gehörten. Es sind der alte Kirchhof, das angrenzende Pastorenland und das Grundstück, auf dem 1597 die neue Kirche gebaut wurde. Nachdem die südliche Grenze 1570 durch einen Deichbau weiter nach Süden verschoben wurde, erhielt die Kirche im unteren Moor-burg etwas von dem neu gewonnenen Land, das sogenannte Kirchenmoor.
Weiterhin betrieb die Kirche ein Armenhaus am Kirchdeich, in der Nähe der Moorkaaten. Dieses Armenhaus wurde von der Gemeinde am 13. Oktober 1831 für 450,00 Mark von der Witwe Anna Bartels erworben. Es diente zur Quarantäne bei der Choleraepidemie von 1831. Als die Epidemie beendet war, verkaufte die Gemeinde die Kate an die Armenkasse der Kirche für eintausend Mark Kur. (inklusive Inventar). Neben der Nutzung als Armenhaus wurde es später bei den zahlreichen Choleraausbrüchen (1848, 1849, 1853, 1873, 1892) immer wieder zur Quarantäne genutzt. Die Cholera führte dazu, dass der Moorburger Friedhof zwischen 1847 und 1892 viermal erweitert werden musste. Das Armenhaus wurde auch durch den Mangel an Baugrundstücken stark belastet. 1872 erteilte der Landherr, auf Bitten des Gemeindevorsteher J. H. Harms und mit Hinweis auf die in Moorburg herrschende Wohnungsnot, Heinrich Werdier eine Baugenehmigung am Kirchdeich. Weitere Familien, die im Armenhaus lebten, sollen durchaus das Geld für einen Hausbau besessen haben, wegen der guten Ertragssituation in der Landwirtschaft war aber zu dieser Zeit in Moorburg kein Bauland zu bekommen.
Viele Ländereien wurden in Moorburg der Kirche zugeschrieben, ohne dieser zu gehö-ren. Als die Kirche ihre landwirtschaftlichen Flächen 1913 an Hamburg verkaufen wollte, gab die Landherrenschaft der Marschlande an den Leiter des Hamburger Staatsarchivs, Dr. Hagedorn einen Forschungsauftrag, was es mit diesen Ländereien auf sich habe. Dr. Hagedorn stellte fest, dass die Renten, die die Kirchengemeinde aus diesen Ländereien bezog, vielfach nur Kreditzinsen für gegebene Darlehen waren und keine Pachten für Besitztümer der Kirche.
[…] Am 15. Juni 1551 überwiesen der Hauptmann und die Kriegsgeschworenen zu Moorburg aus den Kapitalien der Kirche 20 Mark dem dortigen Eingesessenen Heyen Ber gegen eine jährlich zu bezahlende Rente von 1 Mark und 4 Schilling. Heyen Ber setzte als Pfand seine bewegliche und unbewegliche Habe, insbesondere wie im Rechnungsbuch der Kirche ausdrücklich bemerkt ist, Haus, Hof, Acker, Wiese und Hölzung. Ausserdem wurde vereinbart, dass die 20 Mark in diesem Grundbesitz als erstes Geld stehen sollten. Beide Parteien wurde eine vierteljährliche Kündigung vorbehalten.

In gleicher Weise erhielt Heyen Ber von der Kirche am 15. Juni 1555 24 Mark, im Jahre 1556 6 Mark, 1557 20 Mark, am 15. Juni 1562 20 Mark, wofür er Renten von 1 Mark und 8 Schilling, 1 Mark und 4 Schilling und 20 Schilling zu bezahlen hatte. Insgesamt betrug also das Kapital, das er von der Kirche aufgenommen und mit dem er seinen Grundbesitz beschwert hatte, 90 Mark, die von ihm jährlich am St. Veitstag (15. Juni) zu bezahlende Rente dagegen 5 Mark und 10 Schilling. Im Jahre 1570 ging ein Teil dieser Rente, nämlich 10 Schilling, die einem Kapi-tal von 10 Mark entsprachen, auf Klaus Duvel über, so dass Heyen Ber der Kirche seitdem nur noch 5 Mark zu verrentendes Kapital von 80 Mark schuldete.
Als die Kirchengeschworenen im Jahre 1597 einen Neubau der Kirche in Angriff nahmen und dazu Geld benötigten, kündigten sie Heyen Ber 40 Mark. Seine Schuld betrug also jetzt nur noch 40 Mark, für die er jährlich 2 Mark und 8 Schilling Rente zu bezahlen hatte. Schon im nächsten Jahr, 1598, ging sein Hof, und damit auch die auf diesem lastende Schuld, auf Hans Boye über, der bis zum zum Jahre 1613 die Rente von 2 Mark und 8 Schilling zahlte. Dann nahm er von der Kirche ein weiteres Kapital von 30 Mark auf, sodass er ihr nunmehr 70 Mark schuldig war, für die eine Rente von 4 Mark und 6 Schilling zu entrichten war. In dieser Höhe (M 5,25) ist die Rente bis auf den heutigen Tag bestehen geblieben. Als Rentenschuldner wird Hans Boye bis zum Jahre 1665 genannt, dann bis 1703 Hans Schwartau, darauf bis 1744 Lorenz Boye. Im Jahre 1772 wurde das Grundstück, das mit der Rente belastet ist, im Hauptbuch von Moorburg Claes Winter zugeschrieben. 1784 ging es auf Claus Hin-rich Schwartau, 1833 auf Margaretha Schwartau und Kinder, 1843 auf Claus Hinrich, 1880 auf Lorenz Schwartau, 1886 auf seine Witwe Maria Margaretha Schwartau, 1908 auf Hermann Heinrich Harms über. Da es im April 1913 nach Auskunft des Grundbuchamtes in den Besitz des Staates gekommen ist, so ist dieser als der nunmehrige Rentenschuldner anzusehen.[…]
Da in den Rechnungsbüchern der Kirche nicht immer Pachten und Renten sauber voneinander getrennt wurden und den spä-teren Schuldnern der Ursprung der Rente wohl nicht mehr ganz klar war, ist wohl nur so zu erklären, dass eine so übersichtliche Schuld über 350 Jahre und 13 verschiedenen Schuldnern, nie getilgt wurde.
Die Kirchengemeinde Moorburg verkaufte 1913, als in Moorburg von der Stadt Hamburg diverse Höfe aufgekauft wurden, ihren landwirtschaftlichen Besitz für 144500,00 Mark.
Eine Besonderheit bildet das Land, westlich vom Alten Deich, das sogenannte Domherrenland. Dieses Land gehörte nicht der Moorburger Kirche, sondern dem Domkapitel. Nachdem in Moorburg 1528 die Reformation Einzug hielt, blieben die Domherren noch circa 25 Jahre katholisch. Das Domkapitel verzichtete weitestgehend auf den Ein-fluss auf die Hamburger Stadtkirche, bestand aber als Enklave in Hamburg weiter und unterstand bis 1648 dem Erzbischof-Administrator von Bremen, dann Schweden und ab 1715 dem Kurfürstentum Hannover. 1803 kaufte Hamburg den Landbesitz des aufgelösten Domkapitels, daraufhin wurde Moorburger Domherrenland 1807 parzelliert und an Moorburger Bürger verkauft.


Das Domherrenland (Schildknechtscher Plan 1670)

Quellen:
Dr. Hagedorn; Gutachten über Moorburger Renten; 1913
Alfred Aust; Rund um die Moorburg; Verlag A. Aust, Moorburg;1930
Lorenzen-Schmidt, Padberg, Voigt; Moorburg; Christians Verlag;1993
Die Kirchen des Hamburger Landgebietes; Agentur des Rauen Hauses, Hamburg 1929
Staatsarchiv; Schildknechtscher Plan


Kleine (Bilder)-Geschichte der neuen Kirche

Weil die Kirche am Kirchdeich baufällig war und inzwischen auch zu klein für die Moorburger Kirchengemeinde geworden war, wurde der Neubau einer Kirche am Elbdeich beschlossen und 1596/1597 umgesetzt. Der Turm der Kirche hatte eine Höhe von 20 Metern. Die Baukosten betrugen 2600,00 Mark Kur. 1657 wurden erste größere Reparaturen nötig. 1668 wurde das Pfarrhaus für 4500,00 Mark Kur. neu gebaut.


Das Pfarrhaus von 1668

1686-1688 genügte die Kirche den Ansprüchen der Gemeinde nicht mehr und die Kirche wurde durch einen großen Umbau erweitert. Außerdem wurde der Turm auf eine Höhe von 28 Metern erhöht.


Bauzeichnung für den Umbau von 1686


Die Fachwerkkirche als Bild auf einer Tasse

Größere Reparaturen waren in den Jahren 1736, 1739, 1754 und 1787 notwendig, 1775 und 1797 musste das Dach des Kirchturmes mit neuen Holzschindeln gedeckt werden. 1837 bis 1838 wurde eine 24.000,00 Mark Kur. teure Reparatur durchgeführt, die auch äußerlich große Veränderungen mit sich brachte. Das Fachwerkgerüst, die gemauerten Fächer und der Turm wurden weiß gestrichen. Das Erscheinungsbild der Kirche war hierdurch ein ganz anderes geworden. Die Holzschindeln auf dem Turmdach wurden bei diesem Umbau durch Schiefer ersetzt.

Die größte Veränderung aber brachte der Umbau von 1878/79 mit sich, die Kirche erhielt gemauerte Außenmauern und der Holzturm wurde durch einen aus Stein ersetzt. Die Mauern wurden mit gelben Ziegeln ausgeführt. Der Charakter der Kirche war wiederum ein ganz anderer geworden.



Kirche nach dem Umbau von 1878


1885 wurde ein neues Pastorat im Villenstil errichtet.


Da die gelben Ziegel bereits nach knapp 30 Jahren große Witterungsschäden aufwiesen, wurde 1907 eine erneute Erneuerung der Außenmauern notwendig. Bei diesen Um-bauten wurde der neugotische Stil des Um-baus von 1878 weitestgehend zurück gebaut und die Kirche mit roten Steinen verklinkert. Bei diesem Umbau erhielt die Kirche ihr heutiges Aussehen.


Umbau von 1907


1928 wurde das Schieferdach des Turmdaches durch Kupfer ersetzt.


Quellen:
Alfred Aust; Rund um die Moorburg; Verlag A. Aust, Moorburg;1930
Die Kirchen des Hamburger Landgebietes; Agentur des Rauen Hauses, Hamburg 1929