Musikfest

Geschichte des Gesangvereins

Spaziergang durch Moorburg









Die geschäftliche Leitung des Musikfestes liegt in den Händen des Vorstandes der Liedertafel Hammonia, kenntlich durch weiss-rote Schleife.


Ausspann:

bei: H. Stubbe. Nr, 138; Fr. Lühr. Nr. 179; H. Tamke. Nr. 209; Cafe Bauer, Nr. 4; August Stemberg, Nr. 9.

Unterstand für Fahrräder

unmittelbar bei der Festhalle.

Autoverbindung mit Harburg

Morgens ab Harburg Hauptbahnhof 9:36 (Ankunft des Zuges aus Richtung Tostedt, 1:08 (Ankunft des Lüneburger Zuges). Ab Harburg-Unterelbe 9:18 (Ankunft des Zuges aus Cuxhaven), 2:27 (Ankunft des Zuges aus Stabe). Abends ab 8 Uhr Pendelverkehr zwischen Moorburg und Harburg.

Verbindung mit Hamburg

Die Hamburg-Harburger Dampfschiffe. Abfahrt St. Pauli-Landungsbrücken Nr. 1. Vorm. 9:00, 11:00. ab 11:00 stündlich.

Vorwort

Als schon vor längerer Zeit unser verehrter Dirigent F. O, Winckler den Gedanken aussprach, unser 50iähriges Jubiläum durch ein Musikfest zu feiern, war unsere Sängerschaft freudig begeistert, Eine erste Anregung bei befreundeten Vereinen weckte überall Zustimmung. Eine im vergangenen Jahr von uns einberufene Delegierten-Versammlung wies guten Besuch auf, brachte lebhafteste Zustimmung, versprach alle Unterstützung - so glaubten wir die Verwirklichung des Planes mit allen Kräften fördern zu müssen. Wir sind uns dessen bewusst, dass ohne die opferfreudige Mitarbeit vieler Vereine die Ausgestaltung unseres Jubiläums zu einem Musikfest in dem jetzt gezogenen Rahmen nicht möglich wäre. Allen mitwirkenden Vereinen sei unser herzlichster Dank gesagt,
Dass am 30. Mai die Sonne unsere schöne Landschaft im Schmuck der Maienzeit zeige, dass viele Hörer erfreut und erbaut werden durch unser gemeinsames Konzert, ist unser aller Wunsch. Und unsere Hoffnung ist, dass unser Musikfest ein glücklicher Beweis dessen werde, dass es auch in kleinen ländlichen Gemeinden durch einmütiges Miteinanderwirken vieler, kleiner Vereine möglich ist, die tiefen, reichen Schätze deutscher Musik der ländlichen Bevölkerung - ihren Sängern und ihren Hörern - dienstbar zu machen.

Liedertafel Hammonia



Mitwirkende und teilnehmende Vereine

1. Vorstand des Verbandes niedersächsischer Männergesang-Vereine, Hannover
2. Gesangverein Frohsinn, Altengamme
3. Gesangverein Concordia, Altenwerder
4. Liedertafel Einheit von 1870, Altenmerder
5. Männerquartett von 1903, Altenwerder
6. Altenwerder Mädchenchor Philomele
7. Männerchor von1907, Aumühle
8. Quartett Bostelbeck von 1920, Harburg-Bostelbeck
9. Gesangverein Concordia, Buxtehude (Gegr. 1860)
10. Euterpe, Buxtehude
11. Cuxhavener Liedertafel
12. Männer-Gesangverein Germania, Elstorf
13. Liedertafel Harmonie, Finkenwärder
14. Liedertafel Frohsinn, Francop
15, Eilbecker Liedertafel Eintracht von 1873, Hamburg
16. Hamburger Liedertafel von 1823
17. Gemischter Chor Hamburger Milchhändler
18. Liedertafel Leopoldus von 1864, Harburg
19. Liedertafel Merkur von 1881, Harburg
20. Harburger Sängerchor von 1881
21. Liedertafel Thetis, gegr. 1891, Harburg
22. Liedertafel Schlachter-Innung, Harburg
23. Damenchor Hausbruch
24. Männergesangverein Hausbruch
25. Liedertafel Germania, Hoopte
26. Gemischter Chor Union, Jork
27. Gesangverein Eintracht, Jork
28. Liedertafel Cantus, Krauel
29. Bürgerlicher Gesangverein Orpheus, Lüneburg
30. Singzirkel der Beamten und Angestellten der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg
31. Gesangverein Harmonie, Moisburg
32. Frauenchor Moorburg
33. Frauenchor Eintracht, Moorburg
34. Freier Männerchor zu Moorburg
35. Liedertafel Germania, Moorfleth
36. Gemischter Chor Hilaritas, Neuenfelde,
37. Liedertafel Germania, Neuengamme
38. Liedertafel Frohsinn von 1890, Ochsenwärder
39. Liedertafel Harmonia, Ochsenwärder
40. Liedertafel Concordia, Reitbrook-Allermöhe
41. Gesangverein Sängerlust, Scheideholz
42. Gemischter Chor Schnelsen von 1920
43. Männergesangsverein Eintracht, Schneisen
44. Liedertafel Eintracht, Tostedt
45. Männergesangverein Eintracht, Vierzigstücken
46. Gemischter Chor Liederkränzchen, Wedel
47. Liedertafel Flora, Zollenspieker
48. Zollenspieker Gesangverein von 1901
49. Liedertafel Hammonia von 1876, Moorburg



Musikfest am 30. Mai 1926.

Dirigent der Chorwerke und Volkslieder,
zugleich musikalische Leitung des Musikfestes: F. O, Winckler, Moorburg.
Mitwirkende:
Etwa 1100 Sänger und Sängerinnen.
Solisten:
Helmy Walter, Sopran; Elis. Göbber, Alt; Karl Sattelberg, Tenor; Eduard Mayer, Bass; sämtlich Hamburg.
Orchester:
Das Gesamtorchester der Ordnungspolizei Hamburg unter persönlicher Leitung des Herrn Obermusikmeisters Schierhorn.

Hauptprobe und Konzert finden statt in der ca. 2000 Personen fassenden Festhalle, Moorburg Nr, 100; der Festakt und das Konzertsingen einzelner Vereine auf dem Festplatz vor Blaunkau's Salon.

Abends Festball im Festlokal und Zelt: Blankau's Salon (Inh,: H. Lohmann), im Cafe Bauer, bei H. Stubbe, Fr. Lühr und Heinr. Tamke.




Festordnung

10:00 Uhr:
Empfang der bei den Chorwerken mitwirkenden Vereine bei Cafe Bauer, im Fährhaus und bei H, Tamke.
10:30 Uhr:
Hauptprobe Landerkennung, Prinzessin Ilse und Glocke.
12:00 Uhr:
Gemeinsames Essen.
1-1:30 Uhr:
Empfang der Gäste bei Cafe Bauer, im Fährhaus und bei H, Tamke.
1:30 Uhr:
Abmarsch zum Festlokal.
2:00 Uhr:
Probe der gemeinschaftlichen Volkslieder.
3:00 Uhr:
Konzert in der Festhalle.
1. Ouvertüre zur Zauberflöte - Mozart
2. Landerkennung - Grieg
3. Prinzessin Ilse - A. Schulz
4. Das Lied von der Glocke - A. Romberg.
5:00 Uhr:
Festakt auf dem Festplatz (Blankau's Salon).
1. Ach, du klarblauer Himmel - Silcher
2. Ich weiss nicht, was soll es bedeuten - Silcher.
Festrede.
3. Deutschland, dir mein Vaterland - Heinrichs (Hannover).

Nach dem Festakt Konzertsingen einzelner Vereine. Bisher gemeldet:

1. Freier Männerchor, Moorburg: Der Fremdenlegionär - Wengert
2. Einheit und Männerquartett, Altenwerder; Lützows wilde Jagd - K. M. v. Weber
3. Eintracht, Schnelsen: Gotenzug - Zenger
4. Cuxhavener Liedertafel: Wieland der Schmied - Hofmann
5. Gemischter Chor, Schnelsen: Über den Sternen - Zengel
6. Quartett Bostelbeck: Walderwachen - Rathgeber
7. Harburger Sängerchor: Es zog der Maienwind - O. Neubner
8. Concordia, Altenwerder: Am sonnigen Rhein - Uhtmann
9. Frohsinn, Ochsenwärder: Die Erwählte - W. Schmidt
10. Frohsinn, Francop: Mädchen mit den blauen Augen - K. Becker
11. Gemischter Chor Hilaritas, Neuenfelde: Hinein in die blühende Welt - A. Hentschel
12. Gemischter Chor Hamburger Milchhändler: Das Wandern ist - E. Zöllner
13. Concordia, Buxtehude
14. Thetis, Harburg (singt an 5. Stelle.)
15. Germania, Moorfleth
16. Eintracht, Vierzigstücken
17. Zollenspieker Gesangverein
18. Harmonia, Ochsenwärder
19. Germania, Elstorf.

-------- Programmändeiungen vorbehalten! --------



Programm zum Konzert in der Festhalle
3 Uhr nachmittags

1. Ouvertüre zur Zauberflöte

- Mozart. Orchester der Ordnungspolizei.

2. Landerkennung

- Grieg.

Orchester;
Solo:
Ed. Mayer;
Männerchor:
Einheit, Altenwerder;
Männerquartett Altenwerder;
Cuxhavener Liedertafel;
Frohsinn, Francop;
Merkur, Harburg;
Männergesangverein Hausbruch;
Freier Männerchor, Moorburg;
Harmonia, Ochsenwärder;
Eintracht, Schneisen;
Hammonia, Moorburg.

Landerkennung
Gedicht von Björnstjerne Björnson.

Anmerkung! Der norwegische König Olav Trygvason (964-1000), der das Christentum einführte, musste schon als Kind landflüchtig werden. Erst im 31. Lebensjahre sah er sein Vaterland wieder, als er nach der Ermordung Hakon Jarls mit seinem Schiff von England über die Nordsee steuerte, um sein Königreich in Besitz zu nehmen. Die Stimmung dieser Fahrt gibt das Werk wieder.

Und das war Olav Trygvason,
Steuert' übers Nordmeer hin,
Fern nach dem jungen Königreiche,
Keiner erwartet' ihn.
Bald er's erblicken konnte:
"Was steigt dunkel empor am Horizonte?"

Und das war Olav Trygvason,
Ohne Zugang schien das Land,
Alle die jungen Königswünsche
Scheiterten an dem Strand,
Bis einer aus dem Volke
Weisse Spitzen entdeckt' in blauer Wolke.

Und das war Olav Trygvason,
Plötzlich glaubt' er klar zu schau'n
Hochragend graue Tempelmauern,
Schneeweisse Kuppeln traun.
Fasst' ihn die Sehnsucht mächtig,
Mit den Seinen zu stehn im Land so prächtig.

Auf tat sich's Land in Frühlingspracht,
Wasserfälle brausten rings,
Über das Meer die Stürme fuhren,
Still durch die Wälder ging's,
Orgeln und Glocken klangen,
Und der König sprach, zaub'risch umfangen:

"Hier gefunden sind die Gründe,
Tempelwölbung trotzt der Hölle!
Geister beben, Herzen schlagen,
Hier des Höchsten Lob zu sagen.

Dass mein Glaube fest sich gründe
Wie des Gletschers reine Rundung,
Steh' erhaben, licht und reine,
Nur von Gott erfüllt alleine."

Olav gleich, wir alle beten,
Wo wir vor den Höchsten treten;
Geister beben, Herzen schlagen,
Hier des Höchsten Lob zu sagen.

Dass mein Glaube fest sich gründe
Wie des Gletschers reine Rundung,
Steh' erhaben, licht und reine,
Nur von Gott erfüllt alleine.
Nur von Gott!



3. Prinzessin Ilse - A. Schulz.

Orchester;
Solo:
Helmy Walter (sopran)
Elis. Göbber (Alt).
Männerchor:
Eintracht, Tostedt;
Hammonia, Moorburg;
Cuxhavener Liedertafel;
Thetis, Harburg.

Prinzessin Ilse
Dichtung von Eberhard von Lüneburg.

Vorbemerkung: Frühling schreitet durchs Land; die Berge verspüren seinen Schritt; ein Zittern geht durch ihre Glieder wie Sehnen, wie Unruhe, wie Erwartung; die schlummernden Wasser erwachen. Die Menschen des Harzes, die nach langer Winternacht das ewig neue Wunder des Frühlings schauen, suchen in Sagen und Märchen ihre Freude zu fassen. - Schläft droben unter dem Ilsensteine Prinzessin Ilse; erschreckt durch Vater Brockens donnernde Stimme, besorgt um ihre Forellen, erbittet sie Hilfe vom Gott der Berge und Quellen, Er sendet ihr sein wildestes Pferd hinauf. In wilder Jagd über Felsen und Klüfte erreicht sie das grüne Gemach, in dem ihr Schwesterlein Elli. die liebliche Elfe, träumt. Ihrem Locken widersteht Schön Elli; sie mag Bäume und Tiere des Waldes, die sie so treu bewachten, nicht verlassen. Als aber die Frösche selbst einen sicheren Nachen ihr bringen, fährt sie hinter der auf schäumendem Ross jagenden Ilse hinterdrein. Es geht die alte Sage - ob sie wohl wahr mag sein? - die trauten Schwestern schliefen tief unterm Ilsenstein.


Tief unter dem Ilsensteine, im Bettchen von Moos und Schaum,
Da schlummert Prinzessin Ilse und lächelt im lieblichsten Traum.
Sie träumt von dem nahenden Frühling,
Wo Alles in herrlicher Pracht aufs Neue zu Leben,
Aufs Neue zu Lieben, zu seligem Hoffen erwacht.
Als endlich weit unten im Tale, der Wald sich aufs Neue belaubt,
Erwacht Vater Brocken und ziehet die weiße Schlafmütze vom Haupt,
Und rufet mit donnernder Stimme: Ihr Kinder von fern und nah',
In Bergen und Klüften erwachet der Frühling, der Frühling ist da!
Da öffnet Prinzessin Ilse die blauen Augen, die hellen
Und fleht zu Neptun dem Gebieter: Du Vater, der Bäche und Quellen,
Schon stürzen von allen Seiten die wilden Gewässer herein,
Wo bleib' ich mit meinen Forellen? nun wird mir mein Bettchen zu klein.
Da lächelt der alte Poseidon und sendet im eiligen Lauf
Das mildeste Pferd seines Zuges zum Ilsensteine hinauf.
Schön Ilse ergreifet die Zügel des Rosses mit fester Gewalt
Und jagt über Felsen und Klüfte hinab in den finsteren Wald.

Am schattigen Blätterhäuschen, da bringt sie den Renner zum Steh'n,
Sie hat in dem grünen Gemache noch schlummernd die Schwester geseh'n,
Komm Elli, du liebliche Elfe, gleich rauschen die Wasser herab,
Komm, schwinge dich mit auf den Renner, sonst findest du sicher dein Grab,
Komm Elli, Elli komm, ach komm!
Lieb' Schwesterlein öffnet die holden Vergissmeinnicht-Augen und spricht:
Nicht ziemt mir der feurige Renner, mich fesselt die ernstere Pflicht,
Ich kann nicht die Bäume verlassen, die sanft meinen Schlummer bewacht,
Die Frösche und Tiere des Waldes, sie schützen so treu mich bei Nacht,
Dort oben auf wallendem Hügel, wo dunkle Tannen steh'n.
Da will ich mit ihnen vereinigt, auf ewig schlafen geh'n.
O Wunder, da rauscht's in den Büschen, ein riesiger Frosch hüpft heraus
Und zieht an grünseidenen Fäden ein mächtiges Schneckenhaus,
Wir Frösche, die treuen Genossen, erwachten vom eisigen Tod!
Nun kommen wir schnell dich zu retten, vertrau' dich dem sicheren Boot!
Schon rollen zum Tale hinunter die Wogen so trübe und schwer,
Schön Ilse voran auf dem Renner, Schön Elli im Kahn hinterher.
Wo unten, tief unten, am Fuße des Harzes
Das Wasser sich brausend verfloss,
Hemmt Elli den hüpfenden Nachen und Ilse das schäumende Ross,
Im Harz ist wieder Frühling, viel Wasser fließt daher,
Doch Elfe und Prinzessin sieht man dort nimmermehr.
Es geht die alte Sage, ob sie wohl wahr mag sein?
Die trauten Schwestern schliefen tief unterm Ilsenstein.

Doch nahet auf luft'gen Schwingen, die erste Frühlingsnacht,
Ertönen gar holde Stimmen hervor aus dem tiefen Schacht!
Und jene leisen Klänge, die ziehen gar fromm und rein,
Hoch oben auf den Bergen in's Menschenherz hinein.
Drum klingt im Harzgebirge alljährlich frisch und neu:
Das Lied von deutscher Liebe, das Lied von deutscher Treu!




4. Das Lied von der Glocke -

A. Romberg,

Orchester;
Solo:
Helmy Walter (Sopran).
Elis. Gübber (Alt),
Karl Sattelberg (Tenor),
Ed. Mayer (Baß).
Gemischter Chor:
Concordia, Buxtehude;
Euterpe, Buxtehude;
Damenchor und Männergesangverein, Hausbruch;
Liederkränzchen, Wedel;
Frauenchor und Hammonia, Moorburg.


Das Lied von der Glocke (Friedrich Schiller,)

Fest gemauert in der Erden
Steht die Form aus Lehm gebrannt.
Heute muß die Glocke werden!
Frisch, Gesellen, seid zur Hand!
Von der Stirne heiß
Rinnen muß der Schweiß,
Soll das Werk den Meister loben!
Doch der Segen kommt von oben.

Zum Werke, das wir ernst bereiten,
Geziemt sich wohl ein ernstes Wort;
Wenn gute Reden sie begleiten,
Dann fließt die Arbeit munter fort.
So laßt uns jetzt mit Fleiß betrachten,
Was durch schwache Kraft entspringt;
Den schlechten Mann muß man verachten,
Der nie bedacht, was er vollbringt.
Das ist's ja, was den Menschen zieret,
Und dazu ward ihm der Verstand,
Daß er im Herzen spüret,
Was er erschaffen mit seiner Hand.

Nehmt Holz vom Fichtenstamme
Doch recht trocken laßt es sein,
Daß die eingepreßte Flamme
Schlage zu dem Schwalch hinein!
Kocht des Kupfers Brei!
Schnell das Zinn herbei,
Daß die zähe Glockenspeise
Fließe nach der rechten Weise!

Was in des Dammes tiefer Grube
Die Hand mit Feuers Hilfe baut,
Hoch auf des Turmes Glockenstube,
Da wird es von uns zeugen laut.
Noch dauern wird's in späten Tagen
Und rühren vieler Menschen Ohr,
Und wird mit dem Betrübten klagen
Und stimmen zu der Andacht Chor.
Was unten tief dem Erdensohne
Das wechselnde Verhängnis bringt,
Das schlägt an die metallne Krone,
Die es erbaulich weiter klingt.

Weiße Blasen seh' ich springen;
Wohl! die Massen sind im Fluß.
Laßt's mit Aschensalz durchdringen,
Das befördert schnell den Guß.
Auch vom Schaume rein
Muß die Mischung sein,
Daß vom reinlichen Metalle
Rein und voll die stimme schalle.

Denn mit der Freude Feierklange
Begrüßt sie das geliebte Kind
Auf seines Lebens ersten Gange,
Den es in des Schlafes Arm beginnt.
Ihm ruhen noch im Zeitenschoße
Die schwarzen und die heitern Lose;
Der Mutterliebe zarte Sorgen
Bewachen seinen goldnen Morgen.
Die Jahre fliehen pfeilgeschwind.
Vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe,
Er stürmt ins Leben wild hinaus,
Durchmißt die Welt am Wanderstabe,
Fremd kehrt er heim ins Vaterhaus.
Und herrlich in der Jugend Prangen,
Wie ein Gebild aus Himmelshöhn,
Mit züchtigen, verschämten Wangen,
Sieht er die Jungfrau vor sich stehn.
Da faßt ein namenloses Sehnen
Des Jünglings Herz, er irrt allein,
Aus seinen Augen brechen Tränen,
Er flieht der Brüder wilden Reihn.
Errötend folgt er ihren Spuren
Und ist von ihrem Gruß beglückt,
Das Schönste sucht er auf den Fluren,
Womit er seine Liebe schmückt.
O zarte Sehnsucht, süßes Hoffen,
Der ersten Liebe goldne Zeit,
Das Auge sieht den Himmel offen,
Es schwelgt das Herz in Seligkeit;
O daß sie ewig grünen bliebe,
Die schöne Zeit der jungen Liebe!

Wie sich schon die Pfeifen bräunen!
Dieses Stäbchen tauch' ich ein:
Sehn wir's überglast erscheinen,
Wird's zum Gusse zeitig sein.
Jetzt, Gesellen, frisch!
Prüft mir das Gemisch,
Ob das Spröde mit dem Weichen
Sich vereint zum guten Zeichen.

Denn wo das Strenge mit dem Zarten,
Wo Starkes sich und Mildes paarten,
Da gibt es einen guten Klang.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet!
Der Wahn ist kurz, die Reu' ist lang.
Lieblich in der Bräute Locken
Spielt der jungfräuliche Kranz,
Wenn die hellen Kirchenglocken
Laden zu des Festes Glanz.
Ach! des Lebens schönste Feier
Endigt auch den Lebensmai:
Mit dem Gürtel, mit dem Schleier
Reißt der schöne Wahn entzwei.
Die Leidenschaft flieht,
Die Liebe muß bleiben;
Die Blume verblüht,
Die fruchtmuß treiben.
Der Mann muß hinaus
In's feindliche Leben,
Muß wirken und streben
Und pflanzen und schaffen,
Erlisten, erraffen,
Muß wetten und wagen,
Das Glück zu erjagen.
Da strömet herbei die unendliche Gabe,
Es füllt sich der Speicher mit köstlicher Habe,
Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus.
Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise,
Und lehret die Mädchen
Und wehret den Knaben,
Und reget ohn' Ende
Die fleißigen Hände,
Und mehrt den Gewinn
Mit ordnendem Sinn,
Und füllet mit Schätzen die duftenden Laden,
Und dreht um die schnurrende Spindel den Faden,
Und sammelt im reinlich geglätteten Schrein
Die schimmernde Wolle, den schneeigen Lein,
Und füget zum Guten den Glanz und den Schimmer,
Und ruhet nimmer.

Und der Vater mit frohem Blick
Von des Hauses weitschauendem Giebel
Überzählt sein blühendes Glück,
Siehet der Pfosten ragende Bäume,
Und der Scheunen gefüllte Räume,
Und die Speicher, vom Segen gebogen,
Und des Kornes bewegte Wogen,
Rühmt sich mit stolzem Mund:
Fest, wie der Erde Grund,
Gegen des Unglücks Macht
Steht mir des Hauses Pracht!
Doch mit des Geschickes Mächten
Ist kein ew'ger Bund zu flechten,
Und das Unglück schreitet schnell.

Wohl! nun kann der Guß beginnen,
Schön gezacket ist der Bruch,
Doch bevor wir's lassen rinnen,
Betet einen frommen Spruch!
Stoßt den Zapfen aus!
Gott bewahr' das Haus!
Rauschend in des Henkels Bogen
Schießt's mit feuerbraunen Wogen.

Wohltätig ist des Feuers Macht,
Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht,
Und was er bildet, was er schafft,
Das dankt er dieser Himmelskraft,
Wenn sie der Fessel sich entrafft,
Einhertritt auf der eignen Spur,
Die freie Tochter der Natur.
Wehe, wenn sie losgelassen,
Wachsend ohne Widerstand,
Durch die volkbelebten Gassen
Wälzt den ungeheuren Brand!
Denn die Elemente hassen
Das Gebild der Menschenhand.
Aus der Wolke
Quillt der Segen,
Strömt der Regen;
Aus der Wolke, ohne Wahl,
Zuckt der Strahl.
Hört ihr's wimmern hoch im Turm?
Das ist Sturm!
Rot, wie Blut,
Ist der Himmel;
Das ist nicht des Tages Glut!
Welch Getümmel
Straßen auf!
Dampf wallt auf!
Flackernd steigt die Feuersäule;
Durch der Straße lange Zeile
Wächst es fort mit Windeseile;
Kochend, wie aus Ofens Rachen,
Glühn die Lüfte, Balken krachen,
Pfosten stürzen, Fenster klirren,
Kinder jammern, Mütter irren,
Tiere wimmern
Unter Trümmern;
Alles rennet, rettet, flüchtet,
Taghell ist die Nacht gelichtet.
Durch die Hände lange Kette
Um die Wette
Fliegt der Eimer; hoch im Bogen
Spritzen Quellen Wasserwogen.
Heulend kommt der Sturm geflogen,
Der die Flamme brausend sucht;
Prasselnd in die dürre Frucht
Fällt sie, in des Speichers Räume,
In der Sparren dürre Bäume, Und als wollte sie im Wehen
Mit sich fort der Erde Wucht
Reißen in gewalt'ger Flucht,
Wächst sie in des Himmels Höhen
Riesengroß.
Hoffnungslos
Weicht der Mensch der Götterstärke:
Müßig sieht er seine Werke
Und bewundernd untergehn.

Leergebrannt
Ist die Stätte,
Wilder Stürme rauhes Bette
In den öden Fensterhöhlen
Wohnt das Grauen,
Und des Himmels Wolken schauen
Hoch hinein.

Einen Blick
Nach dem Grabe
Seiner Habe
Sendet noch der Mensch zurück ?
Greift fröhlich dann zum Wanderstabe.
Was des Feuers Wut ihm auch geraubt,
Ein süßer Trost ist ihm geblieben:
Er zählt die Häupter seiner Lieben,
Und sieh! ihm fehlt kein teures Haupt.

In die Erd' ist's aufgenommen,
Glücklich ist die Form gefüllt;
Wird's auch schön zu Tage kommen,
Daß es Fleiß und Kunst vergilt?
Wenn der Guß mißlang?
Wenn die Form zersprang?
Ach! vielleicht, indem wir hoffen,
Hat uns Unheil schon getroffen.

Dem dunklen Schoß der heil'gen Erde
Vertrauen wir der Hände Tat,
Vertraut der Sämann seine Saat
Und hofft, daß sie entkeimen werde
Zum Segen, nach des Himmels Rat.
Noch köstlicheren Samen bergen
Wir trauernd in der Erde Schoß
Und hoffen, daß er aus den Särgen
Erblühen soll zu schönerm Los.

Von dem Dome,
Schwer und bang,
Tönt die Glocke
Grabgesang.
Ernst begleiten ihre Trauerschläge
Einen Wanderer auf dem letzten Wege.

Ach! die Gattin ist's, die teure,
Ach! es ist die treue Mutter,
Die der schwarze Fürst der Schatten
Wegführt aus dem Arm des Gatten,
Aus der zarten Kinder Schar,
Die sie blühend ihm gebar,
Die sie an der treuen Brust
Wachsen sah mit Mutterlust ?
Ach! des Hauses zarte Bande
Sind gelöst auf immerdar;
Denn sie wohnt im Schattenlande,
Die des Hauses Mutter war;
Denn es fehlt ihr treues Walten,
Ihre Sorge wacht nicht mehr;
An verwaister Stätte schalten
Wird die Fremde, liebeleer.

Bis die Glocke sich verkühlet,
Laßt die strenge Arbeit ruhn!
Wie im Laub der Vogel spielet,
Mag sich jeder gütlich tun.
Winkt der Sterne Licht,
Ledig aller Pflicht,
Hört der Bursch die Vesper schlagen;
Meister muß sich immer plagen.

Munter fördert seine Schritte
Fern im wilden Forst der Wanderer
Nach der lieben Heimathütte.
Blökend ziehen heim die Schafe,
Und der Rinder
Breitgestirnte, glatte Scharen
Kommen brüllend,
Die gewohnten Ställe füllend.
Schwer herein
Schwankt der Wagen
Kornbeladen;
Bunt von Farben,
Auf den Garben
Liegt der Kranz,
Und das junge Volk der Schnitter
Fliegt im Tanz.
Markt und Straße werden stiller;
Um des Lichts gesell'ge Flamme
Sammeln sich die Hausbewohner,
Und das Stadttor schließt sich knarrend.
Schwarz bedecket
Sich die Erde;
Doch den sichern Bürger schrecket
Nicht die Nacht,
Die den Bösen gräßlich wecket;
Denn das Auge des Gesetzes wacht.

Heil'ge Ordnung, segensreiche
Himmelstochter, die das Gleiche
Frei und leicht und freudig bindet,
Die der Städte Bau gegründet,
Die herein von den Gefilden
Rief den ungesell'gen Wilden,
Eintrat in der Menschen Hütten,
Sie gewöhnt zu sanften Sitten,
Und das teuerste der Bande
Wob, den Trieb zum Vaterlande!

Tausend fleiß'ge Hände regen,
Helfen sich in munterm Bund,
Und in feurigem Bewegen
Werden alle Kräfte kund.
Meister rührt sich und Geselle
In der Freiheit heil'gem Schutz;
Jeder freut sich seiner Stelle,
Bietet dem Verächter Trutz.
Arbeit ist des Bürgers Zierde,
Segen ist der Mühe Preis:
Ehrt den König seine Würde,
Ehret uns der Hände Fleiß.

Holder Friede,
Süße Eintracht,
Weilet, eilet
Freundlich über dieser Stadt!
Möge nie der Tag erscheinen,
Wo des rauhen Krieges Horden
Dieses stille Tal durchtoben;
Wo der Himmel,
Den des Abends sanfte Röte
Lieblich malt,
Von der Dörfer, von der Städte
Wildem Brande schrecklich strahlt!

Nun zerbrecht mir das Gebäude,
Seine Absicht hat's erfüllt,
Daß sich Herz und Auge weide
An dem wohlgelungnen Bild.
Schwingt den Hammer, schwingt,
Bis der Mantel springt!
Wenn die Glock' soll auferstehen,
Muß die Form in Stücken gehen.

Der Meister kann die Form zerbrechen
Mit weiser Hand, zur rechten Zeit;
Doch wehe, wenn in Flammenbächen
Das glüh'nde Erz sich selbst befreit!
Blindwütend mit des Donners Krachen
Zersprengt es das geborstne Haus,
Und wie aus offnem Höllenrachen
Speit es Verderben zündend aus.
Wo rohe Kräfte sinnlos walten,
Da kann sich kein Gebild gestalten;
Wenn sich die Völker selbst befrein,
Da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn.

Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte
Der Feuerzunder still gehäuft,
Das Volk, zerreißend seine Kette,
Zur Eigenhilfe schrecklich greift!
Da zerret an der Glocke Strängen
Der Aufruhr, daß sie heulend schallt,
Und, nur geweiht zu Friedensklängen,
Die Losung anstimmt zur Gewalt.

Freiheit und Gleichheit! hört man schallen;
Der ruh'ge Bürger greift zur Wehr,
Die Straßen füllen sich, die Hallen,
Und Würgerbanden ziehn umher.
Da werden Weiber zu Hyänen
Und treiben mit Entsetzen Scherz:
Noch zuckend, mit des Panthers Zähnen,
Zerreißen sie des Feindes Herz.
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen
Sich alle Bande frommer scheu;
Der Gute räumt den Platz dem Bösen,
Und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn,
Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist der Mensch in seinem Wahn.
Weh denen, die dem Ewigblinden
Des Lichtes Himmelsfackel leihn!
Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden,
Und äschert Städt' und Länder ein.

Freude hat mit Gott gegeben!
Sehet! wie ein gold'ner Stern
Aus der Hülse, blank und eben,
Schält sich der metallne Kern.
Von dem Helm zum Kranz
Spielt's wie Sonnenglanz.
Auch des Wappens nette Schilder
Loben den erfahrnen Bilder.

Herein! herein,
Gesellen alle, schließt den Reihen,
Daß wir die Glocke taufend weihen!
Concordia soll ihr Name sein.
Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine
Versammle sie die liebende Gemeine.

Und dies sei fortan ihr Beruf,
Wozu der Meister sie erschuf:
Hoch über'm niedern Erdenleben
Soll sie im blauen Himmelszelt,
Die Nachbarin des Domes, schweben
Und grenzen an die Sternenwelt,
Soll eine Stimme sein von oben,
Wie der Gestirne helle Schar,
Die ihren Schöpfer wandelnd loben
Und führen das bekränzte Jahr.
Nur ewigen und ernsten Dingen
Sei ihr metallner Mund geweiht,
Und stündlich mit den schnellen Schwingen
Berühr' im Fluge sie die Zeit.
Dem Schicksal leihe sie die Zunge;
Selbst herzlos, ohne Mitgefühl,
Begleite sie mit ihrem Schwunge
Des Lebens wechselvolles Spiel.
Und wie der Klang im Ohr vergehet,
Der mächtig tönend ihr entschallt,
So lehre sie, daß nichts bestehet,
Daß alles Irdische verhallt.

Jetzo mit der Kraft des Stranges
Wiegt die Glock' mir aus der Gruft,
Daß sie in das Reich des Klanges
Steige, in die Himmelsluft!
Ziehet, ziehet, hebt!
Sie bewegt sich, schwebt!
Freude dieser Stadt bedeute,
Friede sei ihr erst Geläute

Programm des Festaktes
5 Uhr nachmittags


Die Volkslieder werden gemeinschaftlich gesungen von folgenden Vereinen:

Concordia, Altenmerder;
Einheit, Altenmerder;
Männerquartett, Altenwerder;
Quartett Bostelbeck;
Concordia, Buxtehude;
Euterpe, Buxtehude;
Cuxhavener Liedertafel;
Germania, Elstorf;
Frohsinn, Francop;
Eintracht, Hamburg-Eilbeck;
Mertur, Harburg;
Sängerchor, Harburg;
Thetis, Harburg;
Männergesangverein, Hausbruch;
Cantus, Krauel;
Singzirkel, Lüneburg;
Freier Männerchor, Moorburg;
Harmonia, Ochsenwärder;
Concordia, Reitbrook-Allermöhe;
Sängerlust,Scheideholz;
Eintracht, Schnelsen;
Eintracht, Tostedt;
Eintracht, Vierzigstücken;
Flora, Zollenspieker;
Hammonia, Moorburg,

1. Wohin mit der Freud? - Silcher (Robert Reinick.)


Ach du klarblauer Himmel,
Und wie schön bist du heut'!
Möcht' an's Herz gleich dich drücken
Vor Jubel und Freud!
Aber's geht doch nicht an,
Denn du bist mir zu weit,
Und mit all' meiner Freud',
Was fang' ich doch an?

Ach, du lichtgrüne Welt,
Und wie strahlst du vor Lust!
Und ich möcht' mich gleich werfen
Dir voll Lieb' an der Brust.
Aber's geht doch nicht an
Und das ist ja mein Leid,
Und mit all' meiner Freud',
Was fang' ich doch an?

Und da seh ich mein Lieb'
Unter'm Lindenbaum steh'n,
War so klar wie der Himmel,
Wie die Erde so schön.
Und wir küßten uns beid'
Und wir sangen vor Lust,
Und da hab ich gewußt:
Wohin mit der Freud.


2. Lorelei - Fr. Silcher (Heinrich Heine.)


Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Daß ich so traurig bin?
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar,
Ihr gold'nes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewalt'ge Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe,
Ergreift es mit wildem Weh,
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh'.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn,
Und das hat mit ihrem Singen,
Die Loreley getan.

3. Deutschland, dir, mein Vaterland

Dichtung von Otto Schairer, Stuttgart 1917.
Als Männerchor vertont von Hans Heinrichs, im Felde 1918

Wo gen Himmel Eichen ragen,
Wälder voll von Sang und Duft,
wo die klaren Quellen rauschen
in der Berge reiner Luft;
wo Armin und seine Helden einst gekämpft mit starker Hand,
tönet hell der Sang der Treue, Deutschland, dir, mein Vaterland.
Wo der Frauen Augen leuchten wie der Himmel klar und rein,
wo der Männer Stirnen glänzen wie der Fels im Abendschein;
wo der Bürger frei und bieder stets zu seinem Worte stand,
blüht die Blume echter Liebe. Deutschland, dir, mein Vaterland.
Drum erhebet hoch die Herzen, deutsche Männer, deutsche Frau'n!
Lasst uns Lieb und Treu bewähren, auf uns selbst und Gott vertrauen.
Mit der alten Kraft im Arme, mit der Jugend Feuerbrand,
gilt's zu leben, gilt's zu sterben, Deutschland, dir, mein Vaterland.







Liedertafel Hammonia Moorburg

Ehrenvorsitzender: Heinrich von Sieden.

Ehrenmitglieder:
H. W. Ridder
Joh. Burmester
C. Hesse
J. H. von Sieden
F. O. Winckler.

Vorstand der aktiven Sängerschaft 1826.
Chormeister:
F. O, Winckler.

1. Vorsitzender:
H. R. MülIer
.
2. Vorsitzender:
W.. Ebentheuer.

Schriftführer:
H. Meyer,

Kassenführer:
O. Hatesuer.

1. Bücherwart:
Osc. Haase,

2. Bücherwart:
O. Roggenbuck.

Fahnenträger:
Jac. Schmidt, O. Zeyn, O. Roggenbuck.

Aktive Mitglieder im Jahre 1926.
(Die Jahreszahl hinter dem Namen bezeichnet das Eintrittsjahr.)

I. Tenor
1. Heinr. Gehrkens 1922
2. Oscar Haase 1921
3. Otto Hatensuer 1921
4. Ernst Heyken 1920
5. Heinrich Lohmann 1897
6. Wilh. Renk 1907
7. Herm. Rübke 1924
8. Jac. Schmidt 1921
9. Herm. Zwiebelmann 1920


II. Tenor
1. P. Florin 1926
2. Amand. Homann 1912
3. Karl Mahnke 1897
4. Heinr. Meyer 1919
5. Joh. Ritscher 1919
6. Fr. Rubbert 1924
7. Heinrich Wiegel 1896

I. Baß

1. W. Bender 1909
2. K. Hubert 1903
3. Fr. Jacobs 1923
4. H. R. Müller 1894
5. H. Pimkenburg 1924
6. H. Richardt 1907
7. O. Roggenouck 1924
8. Fr. Versemann 1921
9. Cl. Westphalen 19l3
10. Adolf Wiegel
11. Otto Zeyn 1921

II. Baß

1. Alf. Aust 1913
2 W. Ebentheuer 1914
3. O. Junge 1914
4. Johs. Maak
5. Joh. Martens 1896
6. Johs. Renk 1895
7. H. Roggenbuck 1900
8. Herm. Wiegel 1908


Vorstand der unterstützenden Mitglieder.

Bernhard Blohm, Fr. Gräseke, Heinrich Hillermann, J. H. von Sieden.

Unterstützende Mitglieder im Jahre 1926

1. A. Allgöver, Nr. 93
2. Johanna Bauer, Nr. 3
3. Jacob Bauer, Nr. 64
4. Herm. Bauer, Nr. 64
5. Otto Bauer, Nr. 5
6. W. Beckedorf, Nr. 4
7. Ernst Blecken, Graft
8. Bernh. Blohm. Nr. 121
9. H. Röhrs, Nr. 43
10. Joh. Büttcher, Nr. 120
11. Wilh. Böttcher, Burgweg
12 Heinr. Brandt, Nr. 51
13 Heinr. Brandt, Nr. 62
14. H. Bremer, Nr. 130a
15. Herm. Burmester, Nr. 93
16. Herm. Carlsen, Nr. 24
17. F. Detlefs, Burgweg
18. Wilh. Ebeling, Nr. 163
19. Rob. Eckerich, Nr. 5
20 Rud. Flügge, Nr. 171
21 Peter Flügge, Nr. 17l
22. T. Funhoff (Hamburg)
23 Joh. Gerkens, Nr. 119
24 Nicl. Gerkens, Nr. 192
25 Fr. Gräseke, Nr. 16
26 Ferd. Harms, Nr. 194
27 Herm. Harms, Nr. 76
28 Johs. Harms, Nr. 93
29 J. N. Harms, Nr. 162
30 Nicl. Harms, Nr. 161
31 J. J. Heins, Nr. 75
32 H. Hillelmann. Nr. 113a
33 Fr. Homann, Nr. 130b
34 Joh. Hohmann, Nr. 128
35 Walter Horstmann, Nr. 153
36 A. Knöschens, Nr. 85
37 H. Krüß, Nr. 99b
38 Fr. Lühr, Nr. 179
39 Heinrich Maak, Nr. 107
40 Max Martens, Nr. 18
41 Johs. Mecklenburg, Nr. 194
42 Jonny Meyer, Nr. 4
43 Thomas Meyer, Nr. 9
44 Rud. Meyer, Nr. 94
45 Willy Meyer, Nr. 104
46 Herm. Meyer, Nr. 105
47 Teut Meyer, Nr. 151
48 Herbert Meyer, Nr. 199
49 Gerh. Meyer, Nr. 212
50 Ernst Meyer, Nr. 212
51 Joh. Nehus, Nr. 93
52 J. Neugebauer, Nr. 14
53 R. Otte, Nr. 242
54 W. Pahnke, Burgweg
55 Fr. Pinkenburg, Nr. 91
56 Heinrich Quast, Nr. 79
57 Paul Riecken, Nr. 164
58 Karl Ritscher, Nr. 12
59 Paul Rothe, Nr. 1
60 Erich Rönnefahrt, Nr. 108
61 Nicl. Rübke, Nr. 204
62 Paul Rübke, Nr. 117
63 Chr. Sachau, Nr. 151a
64 Fr. Scharnhob, Nr. 84
65 Herm. Schmalfeld, Nr. 45
66 Rud. Schmalfeld, Nr. 87
67 Herm. Schmidt sen.,Nr. 108
68 Heinr. Schwartau, Nr. 11
69 Ad. Seeger, Nr. 77
70 Herm. Senden, Nr. 93
71 Herm. Stehr, Nr. 177
72 Ang. Steinberg, Nr. 12
73 J. H. Stubbe, Nr. 138
74 Heinr. Tamke, Nr. 209
75 Karl Tamke, Nr. 93
76 Johs. Timmermann, Nr. 111
77 O. Timmermann, Nr. 106
78 K. Versemann, Nr. 128
79 Georg Wente, Nr. 89
80 Claus Westphalen, Nr. 26
81 Herm. Westphalen, Nr. 151
82 Rudolf Westphalen, Hbg.
83 Willi Westphalen, Nr. 176
84 H. Wortmann, Nr. 72





Aus der Geschichte der Liedertafel Hammonia

Heinrich Meyer.

Eine Gemeinschaft von Menschen - und sei es eine Liedertafel, die zunächst sich selbst, ihren Mitgliedern dienen will - wird immer das Bestreben haben, auf die größere Gemeinschaft, in die sie eingebettet ist, im Sinne ihrer Ziele Einfluss zu gewinnen. Darin, in der Art wie sie diesen Einfluss zu gewinnen, zu erweitern sucht, zeigt sich die Kraft der Gemeinschaft, und ihre Lebendigkeit zeigt sich darin, wie die Einwirkungen, die von der größeren Gemeinschaft immer in die kleinere hineinreichen, die leitende Idee, das eben, was die Gemeinschaft zusammenholt, wandeln. Von diesem Gesichtspunkt aus möchte ich versuchen, aus der Geschichte unserer Liedertafel, die mir auch heute - ihrem 50jährigen Jubiläum zum Trotz - eine lebendige, jugendliche Gemeinschaft zu sein scheint, zu erzählen.
Ganz fraglos ist die leitende Idee, das einigende Band einer Liedertafel das Lied, das deutsche Lied, Und doch wird die Auffassung, die die Gründer unserer Liedertafel vor 50 Jahren dem Lied entgegenbrachten, nicht mit der übereinstimmen, die wir Heutigen in die Vereinsarbeit hineintragen. Natürlich kann das nicht heißen, dass wir unsere Auffassung für besser hielten; es zeigt sich eben hierin, dass in unseren Verein die Strömungen der Zeit hineinragen.


Immer zwar ist es das Lied gewesen, das im Vordergrund stand. Vor 50 Jahren verfolgten aber die Männer, die am 17. Mai 1876 unsere Liedertafel gründeten - von denen noch einer, C. Hesse, als Ehrenmitglied heute unser Jubiläum mitfeiert - weitere Ziele: sie wollten singen, daneben aber eine Lücke ausfüllen, die sie in der Abgeschlossenheit unserer. Gemeinde schmerzlich verspürten, wollten gemeinsam Anregungen suchen auf dem Gebiet der Literatur. Sie gründeten eine Bibliothek, aus der sie unter sich Bücher austauschten. Ihre allwöchentlichen Zusammenkünfte fanden in Blankau's Salon statt; seit jenem 17. Mai 1876 ist das Klubzimmer in Blankau's Salon unser Übungsraum, der Saal unser Konzertraum gewesen. Mit der Stätte, in der sich die Mitglieder allwöchentlich versammeln, verwächst eine Gemeinschaft; darum verstand es sich von selbst, dass die Sänger auf ihrem Bilde vom 25jähligen Jubiläum Mutter Blankau, die noch heute hin und wieder einmal mit gütigem Lächeln unserem Singen lauscht, in die Mitte nahmen. Die Gründer nannten denn auch ihre ersten Zusammenkünfte - um der breiteren Grundlage willen - Abendunterhaltungen. In der 3. Abendunterhaltung gesellte sich zu ihnen Heinrich von Sieden, in der 4. J. H. von Sieden, heute unser Ehrenmitglied. In ihnen allen lebte der Wille, ihrem Ziel, das sie sich gesteckt, mit allem Ernst zu dienen, etwas Rechtes zu bezwecken, ihr eigen Innenleben zu betreuen in stiller Freude, in der von der Notwendigkeit und der Reinheit ihres Zusammenkommens überzeugten Art, wie sie Männern geziemte, die im Leben standen.


H. von Sieden
Vorsitzender: 1884-1891; 1894-1905; seit 1905 Ehrenmitglied

So konnten sie es nicht ertragen, wenn einer unpünktlich war; sie wussten, dass nichts so sehr die Freude am Gemeinsamen verbittern kann, wie solch kleine Nadelstiche, die einer dem anderen dadurch versetzt, dass er ihn warten lässt. Sie kannten das Heilmittel dagegen: der Unpünktliche muss zahlen. In der 1. Abendunterhaltung des 2. Jahrganges verdoppelten sie die Strafe für viertelstündige Verspätung von 10 auf 20 Pfg.; wer 5 Minuten zu spät kam, musste 10 Pfg. zahlen. Dass einmal ein Mitglied überhaupt nicht zu einer Abendunterhaltung käme, das erschien ganz unmöglich; als aber dann, das war im Jahre 1879, doch triftige Gründe für das Versäumen einer Abendunterhaltung nachgewiesen wurden, wurde trotzdem eine Strafe von 20 Pfg. erhoben. Ganz scharf wurde auch gleich im 2. Jahrgang eine Unsitte geahndet - und jeder Sänger wird dem Historienschreiber beipflichten, wenn er darüber seiner tiefen Befriedigung Ausdruck gibt: Die Mitglieder, die sich während des Singens in der Gaststube zum "unsittlichen" Kartenspiel hinsetzen, werden mit 3 Mk. bestraft. Man denke, das war in jener Zeit ein harter Taler; den soll man erst - wenn es um die Viertel oder Zehntel geht - gewonnen haben. Die Strafdrohung aber hat gewirkt bis auf den heutigen Tag; es ist in der Geschichte Hammonias nicht verzeichnet, dass jemals solch große Beträge an die Straftasse hätten abgeführt werden müssen.


Groschenweise sind die Strafgelder zusammengeflossen. Ob sie nun wirklich den erwarteten Erfolg hatten, erscheint zweifelhaft; aber sie hatten das eine gute: es sammelte sich so ein Fond an, der zur Verfügung stand, wenn einmal die Sänger, die zu ihren Abendunterhaltungen das Werkeltagskleid mit der 2. Garnitur vertauschten, sich Wäsche umbanden und in einer schon durch ihr Äußeres gehobenen, feierlichen Stimmung das Vereinslokal aufsuchten, wenn einmal die Sänger in heiterer Laune die Zügel schießen ließen. Kam so an einem heißen Juniabend des Jahres 1899 der Sangesbruder Bernhard Blohm auf den glücklichen Gedanken, die Böden der beiden Vereinskrüge zu messen; er stellte fest, dass sie nur 14 mm dick waren; sollte diese Feststellung, bei der doch alle Sänger, die einen Zollstock immer in irgendeiner Tasche trugen und die in der Abschätzung aller Längen und Dicken Meister waren, den Bernhard Blohm aufs schärfste beobachten, nicht zu dem einstimmigen Beschluss führen, die beiden Kruge auf Kosten der Strafkasse füllen zu lassen. Und wieder an einem warmen Juniabend des Jahres 1801, das 25jährige Jubiläum sollte am nächsten Sonntag gefeiert werden, galt es, den Wettergott günstig zu stimmen, (Vom Wetter hängt ja aber auch zu viel ab!) Ein Fässchen Bier, aus der Strafkasse bezahlt, wurde geleert und immer dann dazu die alten Lieder vom Krug zum grünen Kranze, von der Burschenherrlichkeit, von der Lindenwirtin gesungen. Petrus war versöhnt. Selbstverständlich musste über die Strafkasse Abrechnung gehalten werden; ergab sich da im Jahre 1906 ein Bestand von Mk. 62,59. Um dieses Ergebnisses willen musste doch ein "Achtel guten Bockbiers" aufgelegt werden. Aber nicht immer haben die Sänger ihre freiwillig-unfreiwillig angesammelten Groschen die Kehle herunterfließen lassen, sie legten die Erträgnisse auch in hochwertigen, dauernden Sachwerten an; so kauften sie im Jahre 1882 Sängerhüte, Stück für Stück 3,50 Mk. mit Federn daran, von welch letzteren geschrieben steht, dass sie Eigentum des Vereins bleiben. - - Vielleicht ist es doch schade, dass heutigentags nur eine unserer Stimmen, bezeichnenderweise die mit den meisten Sängern vom alten Stamm, die segensreiche Einrichtung der Strafkasse beibehalten hat.


Nun aber darf nicht der Gedanke aufkommen, Hammonias Wirken erschöpfe sich im Austrinken der Biere, die aus der Strafkasse bezahlt wurden. Keineswegs. - Schon im ersten Jahrgang wurde die Abendunterhaltung unter die Kritik der Öffentlichkeit gestellt. Die erste öffentliche Abendunterhaltung fand am 1. Weihnachtstag des Jahres 1876 statt unter dem ersten Dirigenten Hammonias, H. Bremer, der als Hornist im Feldzug 1870/71 sich das Eiserne Kreuz erkämpft hatte und als Mitbegründer unzweifelhaft einer der Führer war. Selbstverständlich wollten nun beim ersten öffentlichen Auftreten die Mitglieder durch Abzeichen (Lyra mit Schleife) ihre Zusammengehörigkeit zeigen. Gleich im ersten Jahr denken die Mitglieder auch daran, das Symbol des Vereins, eine Fahne, anzuschaffen. Jährlich wurden 3 Mk. in den Fahnenfond gezahlt; schon 1879 konnte der Zwang zur Zahlung aufgehoben werden.
Einen neuen Impuls erhielt das Leben der Liedertafel, als sich am 25. Januar 1883 die Mitglieder des Moorburger Gesangvereins ihr anschlössen, unter ihnen Joh. Burmester, unser Ehrenmitglied. Kurze Zeit vorher, am 9. 8. 1882, hatte der Hauptlehrer und Organist M. Hegewald das Amt des Dirigenten übernommen. Durch die Verschmelzung wurde die Liedertafel wohl fraglos der führende Verein Moorburgs. Als dann im Jahre 1885 der jugendliche Georg Westhusen den Dirigentenstab übernahm, gab er der Liedertafel eine weithin sichtbarere Wirksamkeit, Westhusen folgte auch dafür, dass sich die Liedertafel dem Harburger Kreissängerbund anschloss mit dem Erfolg, dass das 4. Bundesfest im Jahre 1890 in Moorburg gefeiert wurde. Georg Westhusen als Festpräses (1901 wurde Westhufen zum Ehrenmitglied ernannt), H. von Sieden als Vizepräses, Wilhelm Ridder als Schriftführer (um seiner Verdienste willen wurde Ridder bei seinem Fortzug nach Hamburg Ehrenmitglied) organisierten das Fest; in ungezählten Sitzungen (zu jeder wurden pro Mitglied 15 Pfg. Zehrkosten bewilligt) wurden alle Einzelheiten geregelt, sogar die der Medaillen, die aus irgendwelchen undurchsichtigen Gründen absolut sechs- oder achteckig sein sollten, schließlich, der Not gehorchend, oval wurden. 34 aktive und soziale Sänger übernahmen das Risiko des Festes; bang genug wird ihnen in den Wochen vorher zu Mute gewesen sein: es goss unaufhörlich. Bei der letzten Sitzung vor dem 27. Juli verzeichnet das Protokoll: "Der erste Tag ohne den üblichen Regen, möge es so weitergehen, allseitiger Wunsch!!!" (Man glaubt es den 3 Ausrufezeichen, dass in ihnen viel Bangnis und viel Hoffen steckt.) Glänzend verlief das Fest, 800 Sänger waren erschienen, glänzend war auch das finanzielle Ergebnis, konnten doch 700 Mk. zur Altonaer Sparkasse gebracht werden.


Durch den Anschluss an den Harburger Kreissängerbund gewann die ursprünglich im Stillen für ihre Mitglieder Wirkende Liedertafel den Resonanzboden einer breiteren Öffentlichkeit. Wir dürfen wohl annehmen, dass anstelle der Abendunterhaltungen Übungsabende traten, in denen, nur noch der Gesang gepflegt wurde. Die Bibliothek wurde dem Gemeindeverein geschenkt; sie bildete den Grundstock der heutigen Gemeindebibliothek. Der Öffentlichkeit gegenüber fühlte sich die Liedertafel nach dem Sängerfest nicht nur immer sicherer, sie fühlte sich auch ihr gegenüber verpflichtet. Als im Jahre 1892 die Cholera auch in Moorburg Opfer forderte, mussten die Übungsabende ausfallen; am 21. Dezember 1892 wurde ein Wohltätigkeitskonzert veranstaltet, dessen Ertrag in Höhe von 90,40 Mk. an vier Familien verteilt wurde. Und unzählige Male hat Hammonia sich in den Dienst wohltätiger Arbeit gestellt, sei es, dass der Frauenverein Moorburg die Mitwirkung erbat, wenn es sich um die Bewirtung Hamburger Lazarettinsassen handelte (unvergesslich ist mir: einmal geleitete ich den Zug der Verletzten von der Landungsbrücke und ging neben einem Kriegsblinden; er atmete tief den Duft der Linden ein, die vor Blankau's Salon in schönster Blüte standen, und sagte halblaut zu seiner Frau: "Mir ist's doch, als blühte hier alles ringsum."), sei es, dass der Kriegerverein gemeinsam mit Hammonia einen Abend veranstaltete, sei es, dass Hammonia allein sich in den Dienst der Wohltätigkeit stellte. Dabei beschränkte sich Hammonia nicht auf unsere Gemeinde Moorburg. Als 1902 die Mitglieder der Liedertafel Treue aus Hamburg-Eilbeck in grauenhafter Katastrophe den Tod in den Wellen der Elbe vor der Estemündung fanden, überwies der Vorstand Hammonias dem Hilfskomitee 50 Mk.; als in den Dezemberstürmen des Jahres 1909 acht Finkenwärder Fischkutter mit 27 Mann Besatzung verloren gingen, veranstaltete Hammonia ein Wohltätigkeitskonzert, dessen Ertrag in Höhe von 90 Mk. nach Finkenwärder überwiesen wurde. Und selbstverständliche Pflicht war es für Hammonia, bei Kriegsausbruch 1914 das Gesamtvermögen der Liedertafel dem Roten Kreuz und der Kriegshilfe zur Verfügung zu stellen. Waren es auch nur 120 Mk., sie wurden aus deutschem Herzen gegeben. Und wie überall in deutschen Landen hatte der Krieg die Sänger fester zusammengeschlossen; die nicht mit hinaus konnten, lösten für die Sänger, die im Felde standen, Anteilscheine für eine Kriegssterbekasse. Zwei unserer Sänger schlafen in fremder Erde; ihre Namen hält unsere Ehrentafel fest; ihr Opfer lebt in unseren Herzen. - - Den Hinterbliebenen konnte Hammonia 402 Mk. überweisen. - -


Auf die Dauer vermag ein Verein nur dann einen Platz in der Öffentlichkeit zu behaupten, wenn er seiner Idee in immer neuem Bemühen nahe zu kommen sucht. Aus Verärgerung wurde die Mitgliedschaft beim Harburger Kreissängerbund 1896 gelöst; 1899 der Elbe-Weser-Sängerbund mitbegründet. Eine merkliche Einwirkung auf das Leben des Vereins ist nicht erkennbar. Wohl verlief das 25jährige Stiftungsfest des Vereins, verbunden mit der Weihe des neuen Banners, das der Spruch ziert: "In Freud und Leid zum Lied bereit", zu vollster Zufriedenheit. Aber es ist doch, als fehlte die Kraft, die vorwärts und aufwärts zwingt. Da übernahm am 5. Juni 1903 für den aus Gesundheitsrücksichten zurücktretenden G. Westhusen unser jetziger Chormeister F. O. Winckler offiziell das Amt des Dirigenten. Und mit ihm, der in Schule und Gemeinde immer mehr führende Persönlichkeit wurde, gewann Hammonia den Dirigenten, in dem sich tiefe musikalische Bildung mit gesangstechnischer Schulung und nimmermüder, glückhafter Energie verband. 1 1/2 Jahr darauf bittet H. von Sieden, der insgesamt 18 Jahre erster Vorsitzender war, ihn nicht wiederzuwählen; in einstimmiger Anerkennung seiner hohen Verdienste wurde H. von Sieden zum Ehrenpräses ernannt, Bernhard Blohm führte darauf ein Jahr den Vorsitz; als er am Januarübungsabend 1906 dann erklärte, den Vorsitz nicht wieder übernehmen zu können, wurde H. R, Müller Vorsitzender. In ihm erwählte sich Hammonia den Vorsitzenden, der in vornehmer und doch energischer Art, mit den Mitteln der Beredsamkeit und den tiefer wirkenden, die von einer festumrissenen Persönlichkeit ausgehen, die Liedertafel zusammenhielt und mit seinem Idealismus sie zu den Aufgaben bereit machte, die Otto Winckler mit ihr löste.


Der Freundschaft, die Otto Winckler mit Rudolf Müller verbindet, ihrer Zusammenarbeit, der treuen Gefolgschaft der Mitglieder, vor allem der Treue des "alten Stammes", wie wir Jungen in beinah ehrfürchtiger Verehrung sagen, dankt die Liedertafel Hammonia die letzten 25 Jahre ihres Bestehens, ihre Erfolge, ihr heutiges Jubiläum.


F. O. Winckler
Ehrenmitglied, seit 1903 Hammonia's Dirigent

Immer mehr treten die Konzerte in den Mittelpunkt des Vereinslebens. Gar bald zeigt Hammonia, dass die Kultur des Gesangs eine immer ernstere Pflege erfährt. 1906 wagte die Liedertafel zum ersten Mal ein Werk mit Orchesterbegleitung zu singen. Das Orchester stellte Kapellmeister Ludewig, Har-burg, 1907 wurde wiederum ein Werk mit Orchesterbegleitung: Hecht, "Soldatenliebe" aufgeführt. Doch die Luderwig'sche Kapelle genügte den Ansprüchen Hammonias nicht mehr. Als sich F. O. Winckler 1909 an größere Aufgaben wagte, wählte er die Kapelle des Harburger Pionierbataillons (Obermusikmeister Baade) als Orchester. Seit der Zeit bis zum Kriege hin hat immer diese Kapelle das Orchester gestellt, Hammonia allein schien allerdings zu schwach; so fand die Liedertafel im Altenwerder Männerquartett einen treuen Bundesgenossen. Das erste gemeinsame Konzert fand am 27. November 1909 in Moorburg und mit gleichem Programm am 2. Dezember in Altenwerder statt. Gesungen wurden mit Orchesterbegleitung: Des Liedes Heimat; Siegesgesang der Deutschen nach der Hermannsschlacht; Niederländisches Dankgebet, (Mit schmerzlicher Erregung nur vermag ich heute dieses Programm niederzuschreiben; als Schüler schon sang ich 1906 das Niederländische Dankgebet; wie oft hab ich es mitgesungen bis tief in den Krieg hinein; wie lange schon seitdem hab ich nicht mehr das Gebet gehört: "Herr, mach uns frei!") Das Konzert war ein Erfolg, der wohl tiefer griff als bei früheren Festen und Jubiläen.

Das Jahr 1911 bedeutete dann einen Gipfel. Hammonia erntete eine seltene Anerkennung bei dem Preissingen in Stelle: mit 16 Mann trat der Verein auf die Bühne und holte den ersten Preis! Wie dankbar Hammonia seinem Dirigenten war, mag auch daraus hervorgehen, dass der silberne Tafelaufsatz, den Hammonia heimtrug, am 7. März 1919 F. O. Winckler anlässlich seines 25jährigen Lehrerjubiläums überreicht wurde. Nachher wurde ein solcher Erfolg nicht wieder errungen; beim Wettsingen in Hoopte musste sich Hammonia mit dem 6. Preis begnügen; in Wilhelmsburg 1925 gingen wir leer aus. Vielleicht dürfen mir auf uns die Worte anwenden, die unser Vorsitzender im Jahre 1921 anlässlich des von uns veranstalteten Sängerwettstreites in seiner großen Begrüßungsrede fand: "Nicht jeder Verein, der keinen Preis bekommt, singt schlecht. Ihr wißt alle, dass bei solchen Sachen viele Zufälle mitspielen, und mancher sehr gute Verein rutscht auch mal aus." Wohl mag unser Rud. Müller hier die Wahrheit gesagt haben; sie schmeckt aber, wie immer, ein wenig bitter.


Sicher ist, dass der Erfolg in Stelle der Liedertafel ein Ansporn wurde. Im November 1911 wurde wieder ein Orchesterkonzert veranstaltet, bei dem zum ersten Male in Moorburg Prinzessin Ilse gesungen wurde. Die Aufführung hat tiefen Eindruck gemacht. Vergleichen wir rückschauend 1876 mit 1911 aus den Abendunterhaltungen sind Übungsabende geworden; statt der einfachen Lieder der eisten Jahre werden größere Werke gesungen, Werke, deren Einstudierung an einen kleinen ländlichen Chor doch nicht unerhebliche Ansprüche stellt, die nur nach Wochen unermüdlicher Arbeit zu wirkungsvoller Aufführung gebracht werden können. Sollte denn nun ein Werk wie Prinzessin Ilse dem Hörer nicht doch etwas Besonderes sagen? Heißt nicht die Aufführung eines solchen Werkes Dienst an dem Besten, das wir Menschenkinder haben?


Und ein neues Element kommt in das Gemeinschaftsleben Hammonias. Die Sänger duldet es Sommers nicht zu Haus; nicht immer bereiten Sängerfeste reine Freude! Darum - so unternahm Hammonia zum ersten Mal 1913 eine größere gemeinsame Fahrt in die Holsteinische Schweiz, Lübeck, Eutin, Uklei-See. Denkwürdig wird diese Fahrt bleiben, nicht nur dadurch, dass unser so treu bewährter Johs. Renk (von uns nur "Schütt" genannt, "wenigstens" 12 Jahre ist er unser Kassierer gewesen) in seiner humorvollen Weise dem Vorsitzenden eine Glocke umhängte, denkwürdig vor allem dadurch, dass die Schönheit dieses Fleckchens Erde sich unvergesslich einprägte. Erst 1925 konnten wir die Absicht, der auch die Fahrt nach dem Uklei-See diente, "gemeinsam die Schönheiten unseres Vaterlandes zu schauen", wieder verwirklichen. Wir folgten einer Einladung der Goslarer Liedertafel, zu der Vorsitzender und Dirigent Beziehungen angeknüpft hatten, und machten Fahrt nach dem Harz, die uns Goslar, den Romkerwasserfall und das Okertal zeigte. Die Harzberge, so oft von uns in Prinzessin Ilse besungen, und die unübertreffliche Gastfreundschaft Goslars sind köstliche Erinnerungen.


Das Herbstkonzert 1913 brachte dann zuerst die Landerkennung. Es mutet heute gar seltsam an, lese ich im Protokoll, dass dieses Konzert eingeleitet wurde durch den Marsch: "An die Gewehre" Der Krieg unterbrach jäh die Arbeit der Liedertafel, die zielbewusst dahin gesteuert wurde, dass sie sich an immer schwierigeren Aufgaben schule, um Kunstwerke, die zu dem Hörer mit der ganzen Innigkeit deutscher Musik sprechen, aufführen zu können.


H. R. Müller
seit 1906 erster Vorsitzender von Hammonia

Nach dem Kriege aber nahm unser Dirigent, einig mit dem Vorsitzenden, der zu seiner Unterstützung in W. Ebentheuer einen Musik-Sachverständigen als 2. Vorsitzenden erwählen ließ, diese Arbeit wieder auf. Jetzt erstand uns ein neuer Verbündeter im Frauenchor Moorburg, der 1919 gegründet wurde. Durchaus selbständig und natürlich gleichberechtigt, arbeiten aber doch beide Vereine unter ihrem Dirigenten wie zwei Eheleute in einer arbeits- und kämpfereichen Ehe. Ein paar Daten nur mögen die Arbeit der letzten Jahre illustrieren: 1920 Prinzessin Ilse, 1921 Landerkennung, 1921 Erlkönigs Tochter, gemischtchörig, wie auch die folgenden Werke: 1922 Das Lied von der Glocke, 1923 Kreuzfahrer, 1924 Die Jahreszeiten (die beiden ersten Teile). Es gelang F. O. Winckler, zu diesen Konzerten die Mitwirkung bedeutender Hamburger Solisten zu gewinnen. Helmy Walter, die hervorragende Sopranistin, stellt ihre hohe Kunst in den Dienst unserer Konzerte; Eduard Mayer unterstützt uns mit seinem vollen tiefen Bass, Ein Gipfel war die zweite Aufführung der Glocke am 29. 4. 23 in der Moorburger Kirche; Alwin Stock, Hamburg, sang hervorragend die Tenor-Partie. Das Protokoll verzeichnet: "Die Aufführung war ein Höhepunkt unserer Vereinsarbeit, den wieder zu erreichen uns unendliche Mühe machen dürfte."
Unendliche Mühe verwandten Dirigent und Chor auf die Einstudierung der Jahreszeiten. Aber es darf doch wohl ausgesprochen weiden, dass auch diese Aufführung, die den lebhaftesten Beifall fand, eine Tat war in dem-Sinne: die reichen Schätze unserer Musik den Sängern und unserer Gemeinde zu erschließen. Das Mühen und Ringen um, dieses Ziel, möchte es in Hammonia nicht erlahmen, und möchte auch die Gemeinde ihrer Sängerschaft die Treue erzeigen!
An den Schluss meines Erzählens aber muss ich die Tatsache stellen, dass Hammonia 1925 sich an den Verband niedersächsischer Männergesangvereine und dadurch an den Deutschen Sängerbund anschloss. In der Hut dieses größten Bundes hoffen wir Hammonia geborgen und glauben wir, das 51. Jahr in jugendfrischer Kraft beginnen zu können. Alle Sänger aber grüße ich mit dem deutschen Sängergruß:


Grüß Gott mit hellem Klang,
Heil deutschem Lied und Sang!







Ein Spaziergang durch Moorburg

A. Aust.

Nun stehst du, lieber Sangesbruder, an Deck des "Primus" oder "Delphin" und schaust über das im Sonnenlicht funkelnde Wasser des Köhlbrands und über das frühlingsgrüne, flache Land des "Alten Werders" und der "Hohen Schar", beweidet von den schweren Rindern unserer Marsch.
Dort im feinen Nebel grüßen die Türme der Stadt Hamburg, von dieser Seite schauen die grünlich-blauen Silhouetten der "Schwarzen Berge".
Ahnst du, dass diese 8 km Breite, die du jetzt überblickst, einst angefüllt waren mit rauschenden, tosenden Wassern des Stromes? dass Moorburg, dessen Gast du heute sein sollst, mit Zum Flußbett gehörte? Wenn heute der Nordwest über unsere Deiche pfeift, und die Springflut bis zur Deichkrone ihre gierigen Finger ausstreckt, wenn Ellerholz und Hohe Schar unter dem Wasser begraben sind, dann ahnt man ein ganz klein wenig von der gewaltigen Majestät dieses Urstromes.
Heute aber fahren wir im Sonnenschein durch das Land.
Nicht immer war die Reise nach Moorburg so bequem. Erst am 17. Juni 1316 erschien das erste Dampfschiff "Lady of the Lake" (Seejungfrau) auf der Elbe; erst 1818 ließ die Hamburger Firma Kleudgen nach heftigen Kämpfen mit der Harburger Schiffergilde, die allein das Recht der Personen-und Güterbeförderung von Hamburg nach Harburg für sich in Anspruch nahm, den "Neptun" fahren. Der Volkswitz nannte ihn den "Smöker". Jeder Fahrgast musste natürlich damit rechnen, dass bei stärkerer Strömung das Schifflein trotz seiner Dampfkraft abgetrieben wurde. Da erwarb die Schiffergilde 1838 den "Kronprinz von Hannover". Schon 1863 entschlossen sich die Moorburger Milchleute, die bisher Tag für Tag mit ihren Milchewern die Reise nach Hamburg gemacht hatten, zur Anschaffung eines Dampfschiffes aus eigenen Mitteln. Es führte den Namen "Moorburg" und wurde von dem Finkenwärder Köln als "Käppen" gefahren. Später (1893) wurden alle Dampferlinien in der Firma "Wachsmuth und Krogmann" zusammengefasst, und noch heute halten deren Schiffe den Verkehr Hamburg-Harburg bezw. Moorburg aufrecht. -

Wir sind zur Stelle und schreiten den "neuen" Landungsdamm, der vom Deich aus weit durch das Vorland zur Süderelbe hinausgebaut werden musste, zum Dorf hinauf. Noch vor hundert Jahren waren die Landungsplätze an der ganzen Süderelbe entlang verteilt. Damals war diese noch nicht in dem Maße wie heute versandet, und "Melk- und Torfewer" fuhren selbst bei Elbstrom bis über die Blankau'sche Warft hinaus. Der "Kater", die "Drei Kronen", der "Jäger", die "Hoffnung" und die "Jungfrau" hatten ihre bestimmten Anlegestellen, wo Milchkannen Morgen für Morgen auf den Ewer gebracht wurden.
Schon beim Hause Nr. 9 treffen mir auf ein Lokal "Zur Moorburger Schanze". Im Hause gegenüber wohnt noch heute die Familie "Schanzenmeyer". Sie war es, die 1814 für den Bau einer Schanze ihr Haus opfern musste. Auch das kleine Denkmal im Garten aus 2 gekreuzten Gewehren und mehreren Kugeln zusammengesetzt, erinnert uns mit seiner Inschrift "Zur Erinnerung an die Schlacht am 11. April 1814" an jene Zeit. Herr Pastor Stüven hat jene Tage, als der Kampf zur Befreiung unseres Vaterlandes auch in unserer Gemeinde tobte, wieder in uns lebendig zu machen versucht.
Hamburg war am 1. Januar 1811 zur bonne ville, d. h. zur Stadt ersten Ranges des französischen Kaiserreichs erklärt worden. Moorburg war von Hamburg abgetrennt und bildete mit den Gemeinden Hausbruch, Wiedenthal, Neugraben und Fischbeck eine Mairie, die zum Arrondissement Lüneburg gehörte. Sitz der Mairie war das noch heute erhaltene Haus Nr. 35. Eine kleine Tafel, geschmückt mit dem Hamburger Wappen, hängt über dem Eingang. Treten wir näher, lesen wir:

"Hier war während der Franzosenzeit der Sitz der Mairie Moorburg. Maire war W. H. Bauer, Untermaire Hans Hinrich Meyer. Gott erhalte unserm Vaterland Friede und Freiheit."

Hier auf diesem Gehöft versammelte sich also der Munizipalrat, um mit Geschick und Gewissenhaftigkeit das Schicksal der fünf Gemeinden zu lenken, um das schwerste von ihnen abzuwenden oder doch zu mildern. So manches Mal weiden hier auf der "Sittdeel" an dem wuchtigen, gescheuerten Tisch die Männer sorgend und ratend beisammengesessen haben. Starke Einquartierungslasten und Kontributionen, die unnachsichtlich eingetrieben wurden, drückten die Gemeinden. Am 10. November 1808 ergibt sich aus der Abrechnung der Moorburger Gemeindekasse, dass die Ausgaben seit der französischen Besetzung an Tafelgeldern, für Fourage und Beköstigung der Truppen, Transport derselben usw, sich auf 8982 Mark und 8 Schilling belaufen. (1 Mark = 16 Schilling = 192 Pfennige.) Für eine Mahlzeit, die französische Offiziere von dem damaligen Burgpächter Bendix Bauer verlangten, musste dieser allein 342 Mark aufwenden. (Zum Vergleich mag erwähnt sein, dass der Stundenlohn eines Maurers damals etwa 26 Pfennige betrug.) Das sind Summen, die bei dem Wert des Geldes und der allgemeinen Geldknappheit wohl ins Gewicht fielen. -

Doch zurück zur Moorburger Schanze. Am 31. Mai hatte der Marschall Davoust Hamburg wiedererobert und richtete sich zur Verteidigung ein. 32000 Franzosen stand das Einschließungskorps der Verbündeten von etwa 50000 Mann gegenüber. Harburg, als Brückenkopf ausgebaut, wurde von dem französischen General Leo befehligt. Den linken Flügel der Einschließungsarmee von Hittfeld bis Moorburg bildeten die Hannoveraner. -
Diese Schanze beherrschte zunächst den Eingang von Köhlbaut, erstreckte sich von Süden nach Norden gegen den Deich und hatte eine Länge von reichlich 100 Fuß. Sie war aus den Resten der Grundmauern und dem Bauschutt des Meier'schen Hauses hergestellt und mit Erde, Grassoden und Dünger erhöht. Auf ihr standen 2 Kanonen eingebaut. (Bild in der "Moorburger Schanze".)
Diese Schanze beherrschte zunächst den Eingang von Köhlbrand und Süderelbe und sperrte den Deich, die einzige Anmarschstraße im zeitigen Frühjahr, wenn die Moorburger Wiesen durch Überschwemmung für Truppen, Wagen und Geschütze unpassierbar wurden, nach den fruchtbaren Dörfern der Elbmarsch mit ihren reichen Fleischvorräten ab. Verteidigt wurde die Schanze von Lüneburgern und Kielmannseggischen Jägern. Schon am 5. und 6. Januar 1814, in den Abendstunden, griffen die Franzosen an und wurden unter starken Verlusten zurückgeschlagen. Der 9. Februar war ein Großkampftag. Bennigsen, der Oberbefehlshaber der Verbündeten, hatte Befehl gegeben, Wilhelmsburg zurückzugewinnen und Harburg zu stürmen. Um 3 Uhr morgens begann der Sturm auf dem Moorburger Deich gegen Lauenbruch. Die französische Schanze wurde genommen und abgetragen.
Bei dieser Gelegenheit schlugen auch einige Kanonenkugeln in Moorburg ein. Noch heute sieht man an der Ernst'schen Kate (Nr. 23) den von einem 'Geschoß gestreiften Eckständer.


Ernst'sches Bauernhaus mit Kate

Der kritischste Tag war wohl der 4. März, Den Franzosen war es gelungen, im Schutze der Dunkelheit erneut vom Schwarzen Berge her in Lauenbruch einzudringen. Schon standen die Franzosen auf der Schanze, Da raffte in der höchsten Not der junge Leutnant Collmann die nächsten Mannschaften zusammen und warf sich dem Feinde entgegen, ja, trieb ihn, als Verstärkung nahte, bis in seine Stellungen zurück. Er selbst geriet dabei in Gefangenschaft, Den Lüneburgern kostete dies Gefecht 4 Tote und 6 Verwundete, unter den ersteren der junge Heinrich Hansing aus Harburg, Auf dem Moorburger Friedhof ragt sein Grabstein über alle andern empor. Auf der Vorderseite sind Offiziersdegen und Wehrgehenk in den roten Fels eingemeißelt.
Am Nachmittag des 1, April schritt General Pecheur mit 3 Bataillonen erneut zum Sturm auf Moorburg, Die Lüneburger warfen den Feind in den Abendstunden mit dem Bajonett bis auf die Tore Harburgs zurück.
Am 4. April trafen die Harzer-Solinger Jäger zur Ablösung ein. Wieder folgte ein misslungener Angriff der Franzosen, der Davoust zu dem Ausspruch trieb! "So vieles habe ich in der Welt erobert und kann dieses Drecknest von Moorburg nicht gewinnen," Am 11. April hatten die Franzosen oberhalb der Stadt Harburg die Deiche durchstochen, so dass die ganze Niederung bis nach Buxtehude unter Wasser stand. Die Leute mussten auf die oberen Stockwerke flüchten und aus den Bodenluken mit Bohlen und Brettern die Verbindung nach dem Deich herstellen, -
Zur Erinnerung an die 18 Helden, die beim Kampf um die Schanze ihr Leben ließen, steht heute ein gewaltiger Findling auf dem Friedhof aufgerichtet. An seiner Spitze steht das stolze Wort: Nunquam retrorsum! Niemals rückwärts! Weiter geht unser Weg. Dort, wo die Straße die Deichkrone verlässt, um hinter dem Deiche Schutz zu suchen, geht die Kirchenstegel zum altehrwürdigen Kirchlein, das mitten im grünenden und blühenden Friedhof liegt, (Einst lag die Kapelle weiter landeinwärts, eine Gründung der Wilstorfer Mutterkirche. Zweimal wurde hier die Messe gelesen, und fromme Pilger entzündeten vor dem wundertätigen Bild der Maria Magdalena heilige Kerzen. Die Kirche lag hoch auf einer Warft; denn noch - man schrieb das Jahr 1309 - hatte das Glindesmoor, wie man das Land damals nannte, weder Deiche noch Dämme. Der Hügel, von einem Wasserring eingefasst, ist heute noch am Kirchdeich zu erkennen. 1597 aber war das Holzkirchlein zu eng geworden. Die römischen Papisten hatten auch bei uns das Feld räumen müssen, seit Johann Bugenhagen in Hamburg eingezogen war. Nun las der Bauer "dat nyge Testament tho dude" (deutsch) und statt des Paternosters betete er:
"Unse vader in dem hemmel, dyn name sy hillich, dyn ryke kame, dyn wille ghesche op erden alse in dem hemmel, unse dagelikes brödt gyf uns hüthen, unde vorgiff uns unse schulde alse wy unsen schuldeneren vorgeven, unde vöre uns nicht in beköringe, sunder vorloese uns van dem qwaden, wente dyn is dat rike unde de macht unde de herlichkeit, Amen."
Noch heute können wir in dem alten Rechnungsbuch, das Hans Schiphouver als "Amtmann thor Morborg" geführt hat, bei Heller und Pfennig ersehen, was der Neubau gekostet hat. Das war damals unter dem ernsten Eiferer Werner Meyer, dessen namenloses Bild rechts in der Ecke am Altar auf uns herabschaut. Wie ein Patriarch, das Haupt gebeugt von all der Nut und dem Elend des 30jährigen Krieges, und doch ein Held des protestantischen Glaubens, die heilige Schrift wie ein Himmelskleinod durch alle Stürme der Zeit fest in den beiden Händen haltend, so steht er vor uns. Zu seiner Zeit wurde auch (1612) die kleine Glocke in den Turm gehängt, die wie ein Fels in der brandenden Zeit der Religionskämpfe das Wort als Inschrift trug: "Alle Ding möt vergahn, Gottes Wort blift ewiglich bestahn." Schon 1687 mußte die Kirche repariert und vergrößert werden, so dass sie nun 96 Fuß lang und 34 Fuß breit wurde. Das hatte die Gemeinde dem Magister Becker zu verdanken, der uns auch von dem plötzlichen Überfall Cellischer Truppen 1686 auf Moorburg berichtet. Zwei wackere Männer, der Burgverwalter Diedrich Peter Wohlers und der Landvogt Hein Rübke sind neben dem Pastor zu nennen, die den Ausgeplünderten mit Rat und Tat zur Seite standen und das Schlimmste von der Gemeinde abzuwenden suchten. Ja, es war eine harte Zeit, wo Gewalt vor Recht ging, und was die große Mutterstadt versehen hatte, das musste das "Kindlein" Moorburg ausbaden, -

Und wo lag die Ursache?
Zur Schlichtung einer Streitigkeit hatte der Kaiser bevollmächtigte Kommissarien ernannt, nämlich den Herzog Georg Wilhelm von Celle und Vertreter der Stadt Bremen. Die Cellischen Delegierten mussten aber am 17. März 1684 unter dem Hohngeschlei des Pöbels die Stadt der "Fett- und Häringshöker, der Blechen- und Krautkrämer", wie die Geh. Räte Fabricius, Heiland, Zobel und v. Aschen unsere Stadtväter titulierten, wieder verlassen. -
So wollen auch wir das "Andenken des Weiland Wohlehrwürdigen, andächtigen und wohlgelehrten Herrn N. J. Becker, treufleißigen, 28 Jahr gewesenen Pastor hiesiger Gemeinde" in Ehren halten.
Noch einmal, im Jahre 1887, fand ein umfassender Umbau der Kirche und des Turmes statt, der aber im Jahre 1877 schon wieder wegen der Fäulnis des hölzernen Unterhaus nötig erschien. Am Sonntag, den 22, September, konnte der Grundstein gelegt werden, in welchen neben Münzen und Zeitungsblättern auch ein Bericht über den kirchlichen Zustand der Landgemeinden eingeschlossen wurde.
Am 4. Oktober wurde der im Knopf des Turmes vorgefundene kupferne Kasten im Hause des Schlossers Heims geöffnet. Man fand aus dem Jahre 1688 einen Bericht des Pastors Becker und einige alte Hamburger Münzen, bei denen das Hamburger Wappen eigenartigerweise im Saume des Gewandes der Himmelskönigin dargestellt war, ferner eine kleine Bibel, einen Bericht aus dem Jahre 1737, eine Predigt aus dem Jahre 1797, anlässlich eines Deichbruchs gehalten, und einige algebraische Aufgaben des Organisten Rübke; aus dem Jahre 1838 einen Bericht des P. Perthes und eine Aufgabe des Organisten Beyer. Hinzugefügt wurden eine von Pastor Cropp verfasste Notiz über den Bau, der Bericht des Gemeinde-Vorstandes über den Zustand der Gemeinde, eine vom Gemeinde-Vorsitzenden Harms verfasste Übersicht über die seit 1838 in der Gemeinde vorgekommenen Unglücksfälle und ausgeführten Arbeiten, eine photographische Aufnahme des Turmes bei der Knopfherabnahme, Aufzeichnungen der Lehrer Hegewald und Grothkop, sowie Wünsche und Widmungen einzelner Gemeindemitglieder.

Am 21. November wurde der neuvergoldete Knopf nebst Wetterfahne von dem alten Junggesellen Tietje Behrs, derselbe, der ihn auch vor 40 Jahren, sein Großvater vor 80 Jahren, getragen hatte, mit Unterstützung von Johann Wolter und Johann Böttcher feierlich wieder am Turm befestigt.


Blick auf die Kirche

Ein kleiner Satz in dem nun für alle Zeiten aufbewahrten Bericht aber hatte böses Blut gemacht. Da stand: "Trunk und andere Ausschreitungen finden sich einzeln, namentlich bei den jungen Milchleuten, welche durch die Schenke auf dem Dampfboot und den Verkehr in der Großstadt der Verlockung dazu ausgesetzt sind." Die Milchleute forderten, dass dieses Dokument wieder entfernt meiden müsse. Der Kirchenvorstand entschied in einer erregten Sitzung, dass es die Wahrheit sei. Der Pastor Cropp drohte, dass er die Moorburger Gemeinde verlassen wolle. Die Hamburger "Reform" bemächtigte sich der Angelegenheit und bald pfiffen es die Spatzen von den Dächern: "Pastor Cropp bringt de Melklüd in denn Knopp!" Schließlich musste sogar der Landherr eingreifen. Das Dokument aber blieb bis zum heutigen Tag in dem Knopf der Turmspitze, -

Die Kirche selbst erhielt durch gelbe Verblend- und glasierte Formsteine ein vollkommen neues Aussehen. Der alte, ehrwürdige Fachwerkbau war verschwunden. Endlich, im Jahre 1886 war der Kirchenumbau vollendet. Im Innern war das Gotteshaus, Gottseidank, durchweg erhalten geblieben.
Auch eine neue Orgel wurde angeschafft. Die alte stammte noch aus der Zeit der Orthodoxie, als das Kampfgeschrei um die rechte Lehre von allen Kanzeln hallte. Es war der Magister Johann Musick, geb. 1665 zu Hamburg, der, ganz auf milde Gaben angewiesen, für die ansehnliche Summe von 1000 Mark eine vortreffliche Orgel erworben hatte, - Am 11. Januar 1881 traf die neue Orgel von Gebr. Furtwängler in Elze, für 4900 Mark geliefert, auf dem Harburger Bahnhof ein.
Es lohnt sich, in den vom gedämpften Licht erhellten Raum unserer Marien-Magdalenenkirche einzutreten, wo in den Mienen und Trachten der alten, ehrwürdigen Pfarrherren, die rings aus ihren vom Alter geschwärzten, zum Teil kunstvoll verzierten Rahmen auf uns herabsehen, längst vergangene Jahrhunderte lebendig werden. Mit Mühe nur entziffert man die Namen aus der verschnörkelten Schrift: Becker, Emsteck, Baumgarten, Friedrich Matth. Perthes, Johannes Cropp, der Vorgänger Pastor Stüven; der letztere hat von 1882 bis 1924 in unserer Gemeinde gewirkt und wird z. Zt. für das Gotteshaus von einem Hamburger Künstler gemalt. Ein prächtiges Kunstwert aus dem Mittelalter, der Altar, gibt Zeugnis von der Bildschnitzkunst vergangener Jahrhunderte.
Auf den beiden schweren, silbernen Leuchtern bleibt unser Auge haften:
"Anno 1744 sind diese Leuchter an Ihro Wothlw. Herrn Jörge Jenquel als ältester Landherr mit der Rechnung übergeben laut Sehl. Wageners Testament von Christian Ludwig Fürstenau."
"Gott zu Ehren und der Kirche zum Zierrat hat Sehl. Benedix Wagener, gewesener Pensionarius zu Mohrburg, diese beeden Leuchter verehrt."
Auch die beiden großen Messingleuchter unter der Decke müssen wir betrachten. Der erste scheint Harburger Kunsthandwerk zu sein, eine Stiftung aus reiner Herzensfreude über den so lang ersehnten Frieden nach all den Schrecken des 30jährigen Krieges: "Diese Krone verehrt Claus Richers seliger gewesener Bürgermeister zur Harburg und seine nachgelassene Witbe Anno 1643 Gertruta Veren zu einer Gedächtnus." Die zweite Krone stammt, trotzdem sie der eisten vollkommen gleich sieht, aus dem Jahre 1897, gestiftet "zur Erinnerung an das Segenswerk der Reformation".

Aus dem Fensterglas schauen die Wappenschilde und Hausmarken Hamburger Landherren und Moorburger Bauern, die der Kirche einst Stiftungen machten: Hein von Peters, Johann Hermann Harms. J. Harms 1838, Claus Reimers, Paul Peters 1879 usw.
Das jetzige Aussehen erhielt die Kirche durch die letzten Reparaturen im Jahre 1906, ausgeführt vom Maurermeister Hinrich Kock.
Doch gehen wir auf den Deich zurück, um weiter ins Dorf hinunter zu gelangen. Linker Hand führt der Kirchdeich zur Haake, einst der Deich nach Osten hin und zugleich im südlichsten Teil der alte Marta-Magdalenensteig, der vom Haakeweg fromme Pilger der Geest durch das unheimliche Moor am "Faulen Siek" vorüber zur Kapelle führte.
Dort, wo heute das Wahrzeichen Moorburgs, der Wasserturm steht, auf dem Grundstück des Domanenpächters O. Wohlers, lag einst das Bauwerk, das mit der Geschichte Moorburgs auf das innigste verquickt ist, das der Gemeinde auch den Namen gegeben hat, die Moorburg.
In alten Zeiten war hier, wo heute unsere Gemeinde liegt, das weite Glindesmoor, in dem der Sage nach - es soll 995 gewesen sein - die Askomannen (Dänen) von den Bremer und Hamburger Kriegsmannen auf ihrem Raubzug erschlagen wurden. Das Land war Eigentum des Jürgen von Hiddesacker, der "dat olen moor,, und "in der rethwisk" an Meineken Schulten veräußerte. Dieser wieder verkaufte es 1377 für 500 Mark an den Rat der Stadt Hamburg. Andere Teile waren schon vorher von den Klöstern Harsefeld und Rameslo erworben. Es war in demselben Jahr, in dem Heinrich Plakschard für 26 Talente 2 Schilling die verpfändete Elbe eingelöst wurde. 14 Talente erhielt er für die Zurückgabe des Lybermansholt (Ellernholz). Auch erhielt Hennekino Ulrikus 13 Taler 6 Schilling für die Zurückgabe einiger Zehnten im Glindesmoor, welche er von dem "hilghen Lande" bis "Henneke Hannensones" inne hatte. Zur Eindeichung gab die Stadt 44 Talente, außerdem 1377 noch 6 Kühe, 5 Pferde und Ackergeräte. Auch ein Haus ist schon damals erbaut worden. Das Land aber war noch rings "unlandt, wiltenus, busch undt holtz gewesen".

Da erbauten die Hamburger 1390 für 572 Taler, 1 Schilling und 8 Pfennig, trotz des Protestes des Herzogs Heinrich von Lüneburg-Harburg, eine Burg an der Süderelbe mit einem mächtigen Speicher für Kaufmannsgüter, um das Harburger Stapelrecht zu umgehen. Aber auch dem Räuberunwesen wollte man begegnen. Waren doch am 28. Oktober 1347 Sendboten des Rates in das Karmeliterkloster zu Brügge in die Versammlung der "gemenen Koplüde uten Römischen Rieke von Alemanien" gesandt worden, um dem Schutz- und Trutzbündnis der Hanse beizutreten. Hamburg war es Ernst geworden, seinen Handel und seine Rechte zu schützen. Der 100jährige Krieg zwischen Frankreich und England, der Krieg zwischen Dänemark-Norwegen und Schweden-Mecklenburg hatte die "Liekendeeler" (Gleichteiler) wie Pilze aus der Erde schießen lassen. "Un in demselben Johr smet sick tosamen en sturlos Volk von menniger Gegend, de bedrohten de ganze See undt alle Koplüd, undt bedrowten beide, Fründ und Fiend." Selbst auf dem Falkenberg, den wir vom Deich aus erkennen können, bot eine Burg Gödeke Michel, dem Freunde Störtebekers, Unterschlupf und Schutz. - Von Schädlingen dieser Art sollte die Süderelbe mit ihren unzähligen schilf- und reetbestandenen Inseln und Flussarmen gesäubert werden.
Der Protest des Herzogs wurde 1396 mit der Erstürmung der "Horborg" durch die Hamburger erledigt.
Wie mag sich nun die Eindeichung unseres Landes annähernd abgespielt haben?
Zwei Karten besitzen wir im Harburger Museum, die uns ein wenig Aufschluss geben können: die Elbkarte des Melchior Lorich vom Jahre 1568, deren Original im Hamburger Staatsarchiv aufbewahrt wird, und die für uns Moorburger weit interessantere Elbkarte, "geconterfeit und gerissen durch Daniel Freese zu Lüneburg 1577", deren Original in Hannover hängen soll. Beide sind entstanden in dem Witschaftskampf zwischen den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg-Harburg und der Hansestadt Hamburg.
Das älteste Moorburg, das schon vor der Burggründung bestanden hat, liegt danach ganz im Nordwesten, nahezu am Ende unseres Spazierganges, dort, wo der "Alte Deich" nach Süden abbiegt: "Dies Mor is vor alters allein bedicket gewesen und zum Westerheusen genannt." Hier hörte der Deich auf, und bei Flut wurden der "Oidenländer hohe Wischen", die zwischen Westerheusen und Francop lagen - sie gehörten später dem Hamburger Dom-Kapitel - in einen breiten Flussarm verwandelt, heute führt der "Neue Deich" trocken nach Francop hinüber.

Mit Erstaunen lesen wir weiter, dass das ganze Land "von dem Dick bis an den alten Kirchdick innerhalb zwei Jahren bedicket und haben nur 6 Kerl aldar, als der alte Hans Richers, der alte Hans Reimers, Karsten Brant, Henke Wenten, Hein Wenten und Hermann Meier gewohnet und die andern erst neulicher Jahr dahin gebauet". Entschieden eine gewaltige Leistung, die von dem ungeheuren Fleiß unserer Vorfahren Zeugnis gibt. Natürlich hatte der Deich, der am alten Deichstück "zum Westerheusen" sich fortsetzte, dem Lauf der Süderelbe nach Osten bis zum Lewenbruch folgte, Burg und Kirche (?) einschloss und sich dann nach Süden als Kirchdeich fortsetzte, nicht die Hohe der heutigen Deiche, Im Süden war die "Snede zwischen dem Haus und Ampt Harburg und Morburg" die Grenze, Die endgültige Grenze scheint erst am 25, November 1591 in einem Vergleich mit Herzog Otto II. festgelegt worden zu sein.
Das eingedeichte Land lockte natürlich sehr bald neue Ansiedler herbei. Von einer holländischen Einwanderung, die durch die Flucht der Niederländer beim Erscheinen des grausamen Herzogs Alba (22. VIII. 1567) entstanden sein soll, kann in Moorburg wohl keine Rede sein. Die Namen der Ansiedler und Grundbesitzer im Jahre 1577 sind sämtlich gut niedersächsisch. Auch die Zeichen der niederländischen Emigration, die seeländisch-flandrischen Giebelschwäne statt des Pferdekopfes, sind in Moorburg - im Gegensatz zum Alten Land - nicht vertreten.
Die Erde für den Deichbau entnahm man dem Vorland oder dem Boden, auf dem der Deich stand. Noch heute erinnern die "Frejen" (Einfriedigung), ein breiter Graben im unteren Moorburg, der die Deichlinie begleitet, an jenen ersten Deichbau.

1562 wurden die Deiche erhöht und verstärkt, auch das Land bis zum Lewenbruch, dem heutigen Lauenbruch, eingedeicht. Erst 1600 fand die Eindeichung der Oldenländer hohe Wischen statt, die nach der Reformation an Moorburg gefallen waren.
Dass die Deiche noch immer nicht dem Ansturm der Fluten gewachsen waren, hören wir aus den alten Chroniken, die von der gießen Flut vom 21. Januar 1625, von der Allerheiligen-flut vom 7, November 1627, der Hochflut vom 11. Oktober 1634 und vom 1. Januar 1648 erzählen. Das Wasser wühlte die Gräber auf, dass die Leichen von den Wellen fortgespult wurden. Der 3 März 1793 war aus den letzten Jahrhunderten ein schwarzer Tag in der Geschichte der Deichbrüche, Die Chronik erzählt, dass "die Deiche so ausgespült und beschädigt wurden, dass sie durchgehends das Ansehen gewannen, welches Wälle belagerter Städte haben mögen, worin das feindliche Geschütz gewühlt hat".


An der Süderelbe

Die letzte Sturmflut, die unser Moorburg heimgesucht hat, war die vom 4. Februar 1825, die schwerere Opfer als je forderte. An einer Bruchstelle drang das Wasser mit solcher Gewalt ein, "dass eine ganze Kate alsbald hinweggespült wurde, die von einem Ehepaar mit 6 Kindern bewohnt war," Von vielen Wohnungen waren nur die nackten Ständer stehen geblieben. Alle Habe war ins Moor hinausgespült: unzähliges Viehzeug war ertrunken, selbst in der Kirche stand das Wasser 3 bis 4 Fuß hoch.


Blankau's Salon

Wie sah eigentlich die Moorburg aus?
Eine Nachbildung, von Künstlerhand geschaffen, hängt in unserer Kirche. Wahrscheinlich hat sie jedoch mehrmals durch Um- und Anbauten ihre Gestalt gewechselt. Ursprünglich wird sie wohl nur ein größerer, durch einen Burggraben geschützter Fachwerkbau gewesen sein. Erst im Streite der Hamburger mit den Herzögen von Harburg-Lüneburg wurde die Burg verschiedentlich verstärkt, so 1542 und 1573, Wahrscheinlich hat sie damals die Gestalt erhalten, die uns heute die Lorich'sche Elbkarte von 1568 zeigt, den turmartigen Bau mit den zwei Anbauten, von einem Graben umgeben. Erst 1829 wurde die Moorburg, nachdem sie seit dem 7. April 1613, da sie als Verteidigungsmittel kaum noch in Betracht kam, dem Burgpächter als Wohnung gedient hatte, endgültig abgebrochen.
Was von ihr auf unsere Zeit herübergerettet ist, ist herzlich wenig- eine steinerne Deichtreppe, dem Wasserturm gegenüber, ein paar Steinkugeln vor dem Wohlerschen Hause und etwas Bauschutt, der zur Erhöhung der Warften diente, auf denen heute Blankau's Salon (unser Festlokal) und die Burgmühle stehen,
Bewährt hat sich die Burg im Jahre 1461, als der Bischof, der auf seiner Durchreise durch Hamburg vom Pöbel mit Unrat und Steinen beworfen war, aus Rache dafür von seinen Truppen Moorburg plündern ließ.
Auch in dem Streit um Kornstapelrecht, Fischerei, Zoll und Schilfernte der Stadt mit den Harburger Herzögen, der sich von 1527 bis zum Interimsvergleich von 1611 hinzog, war die Moorburg für alle Unternehmungen gegen Harburg ein fester Stützpunkt, 1482 hatte Hamburg das Recht bekommen, dass keine andere Stadt Korn und andere Waren vorbeischiffen sollte. Davon machten nun die Hamburger gegen die Lüneburger Korn- und Salzschiffe eifrigen Gebrauch, indem Hamburger Ausleger ihnen auflauerten und sie nach Hamburg auf-brachten, - Ja, es musste 1579 sogar den Hamburgern verboten werden, "Bay- oder andere Salze (es sind minderwertige französische gemeint) in keine alten oder neuen Lüneburger Salztonnen oder denselben gleichen Gefäßen einzuschlagen". Dazu kamen noch allerlei Grenzstreitigkeiten zwischen Harburg und Moorburg.
Auch davon gibt uns die alte Freese'sche Karte beredtes Zeugnis:
"Der Graben (von der Snede nach Süden ins Betenbruch), den Herzog Otto machen und die Hamburger wieder zuwerfen lassen, als Martin Sinsow erschossen worden." (1558.)
Links des Hackenweges, südöstlich der obengenannten Stelle, steht folgende Notiz:
"Auf diesem Berg ist Martin Sinsow (wahrscheinlich auf der Flucht) von dem Hamburgischen erschossen worden."
Im Westen, wo der "Alte Deich" nach Süden in die Glindester Wisch" verlängert ist, steht folgendes:
"Der neugemachte Dick, den die Morborger über des Hauses Harburg Snede gemacht und Herzog Otto wieder inreissen lassen."
Und etwas südwestlich davon:
"Hier ist Hans Lemecke zu Todt geschlagen." oder: "Bei dieser Specke ist Hinrich Bode, der auf der Graft gewohnet hat, zu Todt geschlagen."

Im Jahre 1564 unter Otto II. war der Streit derartig gehässig geworden, dass der Herzog Befehl gab, den Moorburger Deich durchzustechen. Noch rechtzeitig bekam die Burgbesatzung davon Wind und jagte die Schanzarbeiter des Herzogs in die Flucht, Eine Feuersbrunst, die in der Nacht in Harburg ausbrach, verhinderte eine Wiederholung dieses Versuchs.
Erst das Urteil des Reichskammergerichts 1610 und der Entscheid vom 15. Dezember 1609 durch Kaiser Rudolf führte zum Vergleich der beiden Gegner (von 1611 und 1613), wo Deputierte des Rats und der Herzöge auch über die Entfestigung der Burg verhandelten, -
Was du noch ansehn müsstest, lieber Sangesbruder? Der Kirchenstegel gegenüber steht unser Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die Gefallenen des Weltkrieges, Ein aus dem Stein von Künstlerhand herausgemeißelter Krieger, der die Handgranate wirft, spiegelt uns aus seinem Antlitz, aus feinet Haltung all den Jammer, all das Elend und das Grauen des Krieges wider. Gehe auch nicht an dem schmucken Häuschen unserer Niederelbischen Bank, GmbH, vorüber ohne es eines Blickes zu würdigen. Wie anmutig passt sich der rote Backsteinbau in unsere Landschaft. Nun erst erkennt man, was so mancher Baumeister in den letzten Jahrzehnten auch in unserm Moorburg gesündigt hat.
Willst du aber unser Dorf kennen lernen, dann gehe vom Festlokal weiter auf der Deichkrone entlang, immer weiter, bis du unter dem zarten Grün der Nussbäume entlangwanderst und der Blick über Wasser und grünendes Land weit in die Ferne schweifen kann, wo strohbedachte, alte, stattliche Bauernhäuser aus dem Grün der Obsthöfe hervorlugen, und die Lerchen sich von den leuchtenden Weiden jubelnd in den Himmel schwingen, und du, lieber Sangesbruder, stimme laut mit ein in Frühlingslust und Frühlingslied.


Benutzte Literatur:
Pallois, Geschichte Hamburgs, B. 1-3.
Gaedeckens, Hamburg.
Eilers, Hamburgs Vergangenheit,
Freese, Elbkarte.
P. Stüven. Die Landschaft Moorburg, 1814,
Chronik der Maria-Magdalenen-Kirche,
Dr. Voigt, Aufzeichnungen des Senators Lic. Amsinck.
P. Stüven, Predigtbuch,





Moorburg-Leed

(Mel. Ich bin der Doktor Eisenbart)

As in der ganze Welt bekannt,
liggt Moorburg an de Elbe Strand;
dat is en Dörp heel smuck un fien
uns all ok urgemütlich sein.

Vun düsse Stell geiht, wie bekannt,
de Kohmelk dörch dat ganze Land.
Und wer de drinkt, de hett god Schick
Un ward so rund un kugeldick.

Dat Butenland is ok nich mies,
hett Awtbäum as in't Paradies.
Und achtern Diek dor wasst Spinot,
dat is förwahr en swienschen Stoot.

Jedwede Schwärmer för Natur
Sind hier vun Scheunheit manche Spur.
De Stadtlüd lopt längs unsen Diek
Un danzt no uns're Danzmusik.

Un denn uns' Dirns mit gele Hoor,
mit Backen rot un Ogen klor;
uns Herrgott sülben lacht un nickt,
wenn he so'n Minschenkind erblickt.

Heet Woter un veel Rum dormang
Drinkt wi so gern uns' Leben lang;
Im Winter warmt dat denn so scheun,
dat keult, wenn all uns' Wischen greun.

Ja, Moorburg, an de Elbe Strand,
du büst dat scheunste Dörp in't Land.
Un wör ick in de Welt ok wiet,
min Hart bliwt din für alle Tied.





Wo die Weser rauscht,
wo die Heide blüht,
vom Harz bis zum Nordmeer,
heil dir, heil, du deutsches Lied.